221022 Nation, Konfession und Identität in der europäischen Geschichte (1. Teil) (GK) (WiSe 2004/2005)

Als auf dem Balkan zu Beginn der neunziger Jahre Kriege und ethnische Säuberung Europa erschütterten, analysierten die Medien ausführlich die historischen Wurzeln der religiösen und ethnischen Antagonismen. Dabei scheint es, als ob die politischen und kulturellen Zentrifugalkräfte des modernen Nationalismus die letzten polyethnischen Staaten wie die Sowjetunion und Jugoslawien zwangsläufig unterminieren mussten. Sind ethnische und religiöse Konflikte in Regionen mit historisch gewachsener, religiöser und kultureller Vielfalt wirklich unausweichlich? Ausgehend von der jüngsten Welle der Nationalstaatsbildung in Ost- und Südosteuropa analysiert die Veranstaltung rücklaufend und vergleichend die Prozesse kollektiver Identitätsbildung in polyethnischen und multikonfessionellen Regionen. Im Vordergrund stehen dabei einerseits die Rolle kultureller und konfessioneller Faktoren für die Integration und politische Mobilisierung von Bevölkerungsgruppen, andererseits die Frage der Stabilität und Entwicklungspotentiale vormoderner und moderner Herrschaften jenseits konfessioneller und nationaler Identität.

Literaturangaben

Bérenger, Jean: Die Geschichte des Habsburgerreiches: 1273 bis 1918, Wien [u.a.] 1995; Lieven, Dominic: Empire. The Russian Empire and Its Rivals. New Haven, London 2001; Valeria Heuberger: Unter dem Doppeladler: die Nationalitäten der Habsburger Monarchie 1848 ? 1918, Wien [u.a.] 1997, Norman M. Naimark: Flammender Hass. Ethnische Säuberungen im 20. Jahrhundert, München 2004; Snyder, Timothy: The Reconstruction of Nations. Poland, Ukraine, Lithuania, Belarus, 1569-1999. New Haven, London 2003.