Professionen werden in der Berufsoziologie als eine besondere Klasse von Berufen behandelt. Typische Beispiele sind Ärzte und Juristen. Ein zentrales Kennzeichen dieser Berufe ist ihre besondere Autonomie, da die entsprechenden Berufstätigkeiten - in ihren klassischen Ausprägungen - weitgehend von sozialer Kontrolle durch die soziale Umwelt der Professionen - auf der Grundlage freier Märkte und/oder administrativer Regulierung - entlastet sind. Statt dessen bilden diese Berufe spezifische professionsinterne Kontrollmechanismen aus, was die Bindung an eine Professionsethik und die Kontrolle durch die ebenfalls dieser Professionsethik verpflichteten Kollegen umfaßt.
Eine zentrale Problemstellung der Professionssoziologie besteht deshalb darin, die Herausbildung dieser professionellen Autonomie im Rahmen einer allgemeinen soziologischen Theoriebildung zu erklären. In der neuen Diskussion haben sich in diesem Zusammenhang zwei alternative Erklärungsansätze herausgebildet, die sich vor allem darin unterscheiden, ob sie Professionalisierung als Ausdruck einer inneren Handlungslogik, die sich in bezug auf eine im professionellen Handeln zu bearbeitende Problemkonstellation herausbildet, oder aber als Ausdruck einer Privilegierung betrachten, die Folge einer im Kontext kontingenter historischer Machtkonstellation erfolgreichen Professionspolitik ist.
Was nun die Wissenschaft angeht, ist es, obwohl Wissenschaft in der soziologischen und geschichtswissenschaftlichen Literatur häufig als eine Profession behandelt wird, in der Wissenschaftssoziologie strittig, ob sich das wissenschaftliche Handeln als Gegenstand einer Theorie professionalisierten Handelns konstituieren läßt. Ein Hauptproblem besteht in diesem Zusammenhang darin, daß die Wissenschaft - anders als Medizin und Recht - nicht über einen konkreten Klienten verfügt, der Klientenbezug professionellen Handelns jedoch häufig als ein wesentliches Merkmal professionellen Handelns, das die spezifischen Struktureigenschaften dieses Handelns bedingt, betrachtet wird.
Vor diesem Hintergrund soll in dem Seminar der Frage nachgegangen werden, welche theoriearchitektonischen Probleme sich bei dem Versuch ergeben, das wissenschaftliche Handeln im Rahmen eines professionalisierungstheoretischen Ansatzes als wissenschaftssoziologischem Gegenstand zu konstituieren. Hierzu sollen zunächst die Grundfragen der Professionalisierungstheorie skizziert werden, wobei entsprechende Vorkenntnisse der Seminarteilnehmer von Vorteil wären. Sodann sollen die Möglichkeiten und Schwierigkeiten einer professionalisierungstheoretischen Perspektive auf das wissenschaftliche Handeln ausgelotet werden. In diesem Zusammenhang sollen zum einen zentrale theoretische Texte über das Verhältnis von Professionalisierungstheorie und Wissenschaftssoziologie diskutiert werden. Zum anderen soll die Tragfähigkeit der erarbeiteten professionalisierungstheoretischen Konzepte anhand von im Seminar durchgeführten empirischen Analysen (von Interviews mit Wissenschaftlern und Dokumenten zur institutionellen Verfaßtheit wissenschaftlicher Organisationen) überprüft werden.
U. Oevermann, "Skizze einer revidierten Theorie professionalisierten Handelns." In: Arno Combe, Werner Helsper (Hg.), Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum Typus pädagogischen Handelns, Frankfurt am Main 1996. S. 70-182.
R. Stichweh, "Professionen und Disziplinen: Formen der Differenzierung zweier Systeme beruflichen Handelns in modernen Gesellschaften", in: R. Stichweh, Wissenschaft, Universität, Professionen: Soziologische Analysen, Frankfurt am Main 1994.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Soziologie | Nebenfach | Wahlpflicht | HS | ||||
Soziologie / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2005) | 2.2.4 (DPO02) | Wahlpflicht | HS |