300851 Feministische Auto/Biographie als Quelle und Methode (S) (WiSe 2021/2022)

Inhalt, Kommentar

Ausführliche Seminarbeschreibung
Biographisches Arbeiten und auto/biografisches Schreiben gehören seit Beginn der Frauenbewegungen zu den Strategien feministischer Überlieferungsbildung wie feministischer Selbstermächtigung und, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, feministischen „Consciousness-Raising“. Wie Angehörige von Unterschichten, sexuellen und rassifizierten Personengruppen sollten Frauen in Geschichte und Gesellschaft sichtbar gemacht und ihnen eine Stimme verliehen werden, um auf eine emanzipatorische Transformation der Gesellschaft hinzuwirken. Das Seminar behandelt auto/biografische Texte und auto/biografisches Schreiben als Quelle und Methode der feministischen Geschlechterforschung. Während Autobiografie als Gattung zunächst den Literaturwissenschaften und die Biografie eher den Sozial- und Geschichtswissenschaften zugeordnet wurde, sind die Grenzen in den vergangenen Jahrzehnten immer durchlässiger geworden. Nicht nur sind Autobiografien längst Forschungsgegenstand von Sozial- und Geschichtswissenschaftler:innen, Historiker:innen nutzen selbst eigene autobiographische Schreibweisen für Formen „intervenierender Geschichtsschreibung“ (Jaume Aurell). Gleichzeitig hat der Begriff dessen, was als „Life writing“ (Smith/Watson) gefasst wird, den Begriff ‚Autobiografie‘ teilweise ersetzt und beinhaltet eine weit größere Spannweite von „Life narratives“ und damit ein umfassenderes Text- und Materialkorpus als die ‚klassische‘ Memoirenliteratur. Auto/Biografie wird dabei als Koproduktion von Autobiograf:in und Biograf:in, Interviewer:in und Erzähler:in verstanden, die nur unter Einbeziehung beider Seiten dieser Kommunikation und ihrer Kontexte gedeutet werden kann (Gehmacher 2015).

Das Seminar widmet sich diesem Komplex, der Grundfragen feministischer Forschung, feministischen Erzählens und feministischer Wissenschaftskritik auf den Plan ruft: Objektivität und Parteilichkeit, Erfahrung und Denken, Fremd- und Selbstdeutung, Faktizität und Fiktionalität bzw. Narrativität, Erfahrung und Widerstand/Kritik. Diesen Fragen wenden wir uns einmal systematisch-theoretisch zu, indem wir unterschiedliche disziplinäre, klassische wie neuere, Reflexionen und Ansätze zu Auto/Biografie diskutieren. Ist Auto/Biografie ein Konzept, eine Textgattung oder eine Methode? Welche unterschiedlichen auto/biografischen Materialien gibt es? Welche biografischen Narrative kreieren sie/ rufen sie auf? In welchen Kontexten werden sie produziert? Wie lassen sie sich interpretieren und wo liegen ihre Grenzen?

Zum anderen ist das Seminar als Forschungswerkstatt konzipiert, in der wir uns intensiv mit ausgewählten unterschiedlichen Materialien, die Lebensgeschichten und Lebensdeutungen enthalten, auseinandersetzten. Als Untersuchungsmaterial dienen uns exemplarisch Autobiografien, Lifewriting und Biografien der feministischen jüdischen Historikerin Gerda Lerner (1920-2013), die 1938 den Nazis in die USA entkam und in den 1960ern zu den maßgeblichen akademischen Begründerinnen der Women’s history gehörte. Dabei geht es einerseits um gedruckte auto/biographische Texte wie ihre (Teil-)Autobiographie(n), ihre autobiographischen Essays sowie ihre eigenen wissenschaftlichen (Kollektiv-)Biografien. Zum anderen berücksichtigen wir nicht publizierte archivalische Texte (Briefe, Tagebuchaufzeichnungen) sowie (audio-)visuelle Quellen (lebensgeschichtliche Interviews, Interviewtranskripte).

Das Seminar findet online via Zoom statt, wird jedoch von zwei Präsenzsitzungen (Doppelsitzungen) zu Beginn und Ende des Seminars ergänzt, sofern die Umstände es zulassen.
Vorausgesetzt wird Spaß am interdisziplinären Arbeiten, die Bereitschaft, regelmäßig am Seminar teilzunehmen, theoretische und narrative Texte auf Deutsch und Englisch zu lesen sowie in die Diskussion eines ausgewählten Primärtextes/Dokuments (auf Deutsch oder Englisch) im Seminar einzuführen. Anforderung für den Erwerb eines Leistungsnachweises ist das Verfassen eines auto/biografischen Essays (5-10 Seiten; Thema kann gestellt oder frei gewählt werden; Abgabefrist am Ende des Semesters).

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Abstract
Das Seminar behandelt auto/biografische feministische Texte als Quelle und Methode der Geschlechterforschung. Diesem Komplex widmen wir uns einmal systematisch-theoretisch, indem wir klassische wie neuere Ansätze zu (feministischer) Auto/Biografie diskutieren.
Zum anderen analysieren wir exemplarisch auto/biographische Materialien aus dem Leben und Werk der feministischen jüdischen Historikerin Gerda Lerner (1920-2013), die das komplette Spektrum von Lifewriting und Life narratives umfassen.

Literaturangaben

Zur Einführung:

Dausien, B. (2004). Biografieforschung: theoretische Perspektiven und methodologische Konzepte für eine re-konstruktive Geschlechterforschung. In R. Becker, & B. Kortendiek (Hrsg.), Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung: Theorie, Methoden, Empirie (S. 314-325). Opladen: Leske u. Budrich. https://nbn- resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-35099

Gehmacher, J. (2015). Leben schreiben. Stichworte zur biografischen Thematisierung als historiografisches Format. In L. Dreidemy, & R. Hufschmied et al. (Hrsg.), Bananen, Cola, Zeitgeschichte: Oliver Rathkolb und das lange 20. Jahrhundert. Band 2. Wien et al.: Böhlau (S.1013-1023).

Harders, L. (2020). Historische Biografieforschung, Version: 1.0. In Docupedia-Zeitgeschichte, 31.10.2020.
http://docupedia.de/zg/Harders_historische_Biografieforschung_v1_de_2020
DOI: http://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok-2014

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Geschlechterforschung in der Lehre    

Vorausgesetzt wird Spaß am interdisziplinären Arbeiten, die Bereitschaft, regelmäßig am Seminar teilzunehmen, theoretische und narrative Texte auf Deutsch und Englisch zu lesen sowie einmal in die Diskussion ausgewählter auto/biografischer Materialien im Seminar einzuführen. Anforderung für den Erwerb eines Leistungsnachweises ist das Verfassen eines auto/biographischen Essays (Abgabefrist am Ende des Semesters).

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