Die Sichtbarkeit von queeren Lebensrealitäten in unserer Gesellschaft erhöht sich zusehends und auch die strukturellen Bedingungen für ein sichereres queeres Leben verbessern sich. Seit Ende 2018 wurde das deutsche Personenstandsgesetz geändert und folglich ist Deutschland eines der wenigen Länder, die eine juristisch anerkannte dritte Option des Geschlechtseintrag “divers“ einführt haben. Das umstrittene „Transsexuellengesetz“, welches seit 1981 das Prozedere der Vornamensänderung und der Änderung des Geschlechtseintrags regelt, soll endgültig abgeschafft und durch das „Selbstbestimmungsgesetz“ ersetzt werden. Im neuen ICD 11 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) verschwindet die medizinische Diagnose „Transsexualismus“ als angebliche Störung im Jahr 2022 erstmals seit 1975. Trans-Sein wird nun erstmals nicht mehr unter „Mentale und Verhaltensstörungen“ aufgelistet, sondern trans-Sein findet sich im neuen Abschnitt „Conditions related to sexual health“ wieder. Die Entpathologisierung schreitet also immer weiter voran.
Es wird immer besser möglich, als queere Person zur eigenen Identität und zur eigenen sexuellen und romantischen Orientierung zu stehen – sich zu „outen“ und, im Falle von trans*Personen, den Weg der Transition (soziale, medizinische und juristische Anpassung an das tatsächliche Geschlecht) zu gehen. Dazu braucht es auch heute noch Mut und in vielen Fällen Unterstützung. Denn immer noch gibt es strukturelle, institutionelle und individuelle Gewalt gegen queere Personen, die einen Leidensdruck erzeugen kann. „Trans sein ist nicht schwierig. Trans sein in unserer Gesellschaft schon“ – Eneas, Transaktivist*in.
Doch wie hilfreich sind psychosoziale Hilfesysteme für queere Hilfe-Suchende? Psychosoziale Beratungsstellen stehen zunehmend vor der Aufgabe, ihre Angebote queersensibel zu gestalten. Doch was heißt das? Welche Widerstände gibt es? Wie können auch Mädchen- und Frauenberatungsstellen ihre Haltung in Bezug auf die Existenz einer Geschlechterpluralität statt einer Binarität (Zweigeschlechtlichkeit) überprüfen? Was macht queer-sensibles Arbeiten im Bereich Beratung aus? Mit all diesen Fragen beschäftigen wir uns in diesem Seminar.
Im ersten Teil des Seminars beschäftigen wir uns mit queerem Leben in Deutschland seit den 1980er Jahren bis heute und gehen dabei insbesondere auf Prozesse der Kriminalisierung sowie Pathologisierung ein, um die heutigen Lebenssituationen von queeren Personen verstehen zu können, dabei beschäftigen wir uns auch mit dem Thema Diskriminierung. Im zweiten Teil des Seminars gehen wir der Frage nach, wie hilfreich bestehende Hilfesysteme für queere Personen sind. In einem nächsten Schritt erarbeiten wir, was queer-sensible Beratung heißen kann und welche Wege es für Beratungsstellen gibt, Öffnungsprozesse zu gestalten. Dabei schauen wir uns auch die Haltung von TERFs (trans exclusionary radical feminists) an, um in einem weiteren Schritt zu erarbeiten, wie mit Strömungen dieser Art umgegangen werden kann. Im dritten und letzten Teil des Seminars werden wir uns mit Öffnungsprozessen von feministischen Einrichtungen beschäftigen, die nach und nach ihre Zielgruppen im Hinblick auf Trans*inklusivität erweitern.
In diesem Seminar wird von den Studierenden erwartet, ihre eigenen Privilegien, ihre Haltungen und ihr bisher erworbenes Fachwissen zu reflektieren, um so an der eigenen Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für Themen von queeren Personen zu arbeiten.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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30-M-Soz-M9a Geschlechtersoziologie a | Seminar 1 | Studienleistung
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Studieninformation |
Seminar 2 | Studienleistung
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Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-M-Soz-M9b Geschlechtersoziologie b | Seminar 1 | Studienleistung
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Studieninformation |
Seminar 2 | Studienleistung
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Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-MGS-5 Hauptmodul 4: Körper und Gesundheit | Seminar 1 | Studienleistung
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Studieninformation |
Seminar 2 | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Geschlechterforschung in der Lehre |
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: