250148 Übertreibung, Deutung und Dialektik. Lektürekurs zu Adornos Erkenntnistheorie und Wissenschaftskritik (S) (WiSe 2013/2014)

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In "Theorie der Halbbildung" hat Adorno ein Vorgehen expliziert, das als grundlegend für die Herangehensweise seiner Kritischen Theorie begriffen werden kann: „All das schießt gewiß übers Ziel. Aber theoretischen Entwürfen ist es eigentümlich, daß sie mit den Forschungsbefunden nicht blank übereinstimmen; daß sie diesen gegenüber sich exponieren, zu weit vorwagen, oder, nach der Sprache der Sozialforschung, zu falschen Generalisationen neigen". Indem Tendenzen konstruiert werden, die sich durch blanke Abbildung nicht erfassen lassen, erschließt sich erst der gesellschaftliche Gehalt der Einzelphänomene. Übertreibung in der Deutung wäre bei Adorno das, was Theorie überhaupt erst als Theorie ausweist: "Ohne jenes Sich- zu-weit-Vorwagen der Spekulation […] in der Theorie wäre diese überhaupt nicht möglich: sie beschiede sich zur bloßen Abbreviatur der Tatsachen, die sie damit unbegriffen, im eigentlichen Sinn vorwissenschaftlich ließe". Kritik bedarf Adorno zufolge eines doppelten Hinausschießens über das Bestehende: Dem Festhalten an der Möglichkeit, dass es anders sein könnte, und der Reflexion gesellschaftlicher Totalität und der gesellschaftlichen Tendenzen dadurch, dass man "weiterdenkt, als der Gedanke jeweils durch einzelne Fakten, durch Tatsachen belegt ist". Zentral dafür, dass dabei Erkenntnis nicht in Wahn umschlägt, ist in Adornos Erkenntnisweise die Dialektik: „Dialektik ist ein Denken, dass sich nicht nicht bei der begrifflichen Ordnung bescheidet, sondern die Kunst vollbringt, die begriffliche Ordnung durch das Sein der Gegenstände zu korrigieren. Hierin liegt der Lebensnerv des dialektischen Denkens, das Moment der Gegensätzlichkeit.“ Dialektisches Denken ist bei Adorno ein Versuch, mit dem Begriff über den Begriff hinausgehen, die Widersprüche des Begriffs, zwischen Begriff und Sache und in der Sache hervorzutreiben. Es ist prozesshaft- und deshalb eigentlich nicht auf den Punkt zu bringen. Dialektik ist jedoch nicht misszuverstehen als bloßes Verfahren des Geistes, sondern begreift die Bewegung der Sache und des Denkens zugleich. Sie funktioniert auch nicht als Rezept oder absolut gesetzte Methode, mit der man „blind weiterwursteln kann, anstatt in jedem Augenblick die Anstrengung des Gedankens selber zu vollziehen“ (Adorno).
Im Seminar werden wir uns Begriffe wie Deutung, Dialektik und Übertreibung anhand ausgewählter Texte genauer anschauen. In welchem Verhältnis stehen sie zum Begriff der Kritik und zur Subjekt- und Gesellschaftstheorie Adornos? Dabei werden wir auch die Relevanz für Erziehungswissenschaft und Pädagogik diskutieren.

Bibliography

Adorno, Theodor W.: Einführung in die Dialektik.
-: Einleitung zum ‚Positivismusstreit in der deutschen Soziologie‘. In: Soziologische Schriften I.
-: Theorie der Halbbildung. In: Soziologische Schriften I.
-: Vorlesung über Negative Dialektik.
Kelle, Helga: Erziehungswissenschaft und Kritische Theorie. Zur Entwicklungs- und Rezeptionsgeschichte.
Schäfer, Alfred: Theodor W. Adorno: Ein pädagogisches Porträt.
Weitere Literatur wird im Seminar bekannt gegeben.

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weekly Do 14-16 C02-228 17.10.2013-06.02.2014
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25-ME1 Allgemeine Grundlagen E1: (Wissenschafts)theoretische und historische Grundlagen der Erziehungswissenschaft Study requirement
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25-MEW2b Methodologien und Methoden empirischer Sozialforschung E1: Wissenschaftstheorie Study requirement
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- Ungraded examination Graded examination Student information

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Erziehungswissenschaft / Master (Enrollment until SoSe 2011) ME 2.1   3/5 aktive Teilnahme , EL (u) oder (b)  
Erziehungswissenschaft / Master (Enrollment until SoSe 2011) ME 5.1   4 aktive Teilnahme  
History, Philosophy and Sociology of Science / Master (Enrollment until SoSe 2014) Wahl  
Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom (Enrollment until SoSe 2008) H.3.4   scheinfähig  

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