Der Satz „Trixie Mattel ist Trixie Mattel“ ist wahr; und das weiß auch jede*r (selbst diejenigen, die Trixie Mattel nicht kennen). Der Satz „Trixie Mattel ist Brian Michael Firkus“ ist ebenfalls wahr; das weiß aber nicht jede*r (selbst von denjenigen, die sowohl Trixie Mattel als auch Brian Michael Firkus kennen). Wahr sind beide Sätze, weil sich „Trixie Mattel“ und „Brian Michael Firkus“ auf ein und dieselbe Person beziehen; und wir können kompetenten Sprecher*innen auch durchaus zugestehen, dass sie sowohl „Trixie Mattel“ als auch „Brian Michael Firkus“ verstehen ohne zu wissen, dass diese beiden Namen koreferentiell sind. Und dennoch: Kompetente Sprecher*innen können rationalerweise gleichzeitig „Trixie Mattel ist Trixie Mattel“ glauben, „Trixie Mattel ist Brian Michael Firkus“ aber nicht. Was ist hier los?
Wesentlich am obigen Beispiel ist, dass „Trixie Mattel“ und „Brian Michael Firkus“ Eigennamen sind. Eigennamen haben, wie auch andere sprachliche Ausdruckstypen, eine bestimmte semantische Rolle, d.h., semantisch funktionieren sie auf eine ganz bestimmte Weise. Die semantische Rolle von Eigennamen muss erklären können, warum die Sätze „Trixie Mattel ist Trixie Mattel“ und „Trixie Mattel ist Brian Michael Firkus“ ihrerseits auf die oben genannte Weise funktionieren.
Die Standardstrategie ist, Eigennamen in Isolation zu betrachten und zu sagen, jeder Eigenname für sich habe die-und-die semantische Rolle, unabhängig von anderen Eigenamen, wobei das letztlich semantisch allein verantwortlich ist dafür, dass Eigennamen-enthaltende Sätze so-und-so funktionieren. Z.B. so: Eigennamen haben nicht nur (häufig) ein Bezugsobjekt, sondern auch (immer) einen Sinn; und der Sinn eines Eigennamens ist das, was für uns relevant ist, wenn es um unseren kognitiven Zugang zur Welt geht. Zwar haben „Trixie Mattel“ und „Brian Michael Firkus“ dasselbe Bezugsobjekt; „Trixie Mattel“ hat jedoch den Sinn S, und „Brian Michael Firkus“ den von S verschiedenen Sinn S*; und darum können kompetente Sprecher*innen rationalerweise „Trixie Mattel ist Trixie Mattel“ glauben, „Trixie Mattel ist Brian Michael Firkus“ aber nicht, selbst wenn sie jeweils wissen, worauf sich die Eigennamen beziehen.
In seinem Buch Semantic Relationism lehnt Kit Fine nicht nur die Sinn-Strategie ab, sondern die ganze dahinterstehende Standardstrategie, Eigennamen in Isolation zu betrachten. Fine würde sagen: In Isolation haben „Trixie Mattel“ und „Brian Michael Firkus“ dieselbe semantische Rolle. Somit können die beiden Einzelrollen, auch zusammen, natürlich nicht erklären, warum kompetente Sprecher*innen rationalerweise gleichzeitig „Trixie Mattel ist Trixie Mattel“ glauben, „Trixie Mattel ist Brian Michael Firkus“ aber ablehnen können. Stattdessen würde Fine sagen: Zwischen „Trixie Mattel“ und „Trixie Mattel“ besteht eine irreduzible semantische Relation, die zwischen „Trixie Mattel“ und „Brian Michael Firkus“ nicht besteht. Für Fine ist es also verfehlt, nur die semantischen Eigenschaften von Eigennamen in Isolation zu betrachten, und zu versuchen, alles darauf zurückzuführen; stattdessen kommen wir nicht umhin, uns anzuschauen, wie Eigennamen semantisch miteinander funktionieren, wobei es nicht die semantischen Einzeleigenschaften von Eigennamen sind, die dieses semantische Miteinander fundieren. Kurz: „Trixie Mattel“ funktioniert semantisch so-und-so; und „Brian Michael Firkus“ funktioniert semantisch genau so. Das Paar „Trixie Mattel“, „Trixie Mattel“ funktioniert semantisch jedoch so-und-so, während das Paar „Trixie Mattel“, „Brian Michael Firkus“ semantisch ganz anders funktioniert. Das ist aber kein Problem, falls wir semantische Relationen zwischen diesen Eigennamen annehmen, die sich nicht auf ihre semantischen Einzeleigenschaften zurückführen lassen.
Im Seminar werden wir Fines Buch lesen und in Ruhe besprechen.
Wer dem Kommentar gut folgen kann, hat alle empfohlenen Vorkenntnisse; wer das nicht kann, aber Interesse am Seminar hat, möge sich bei mir melden.
Fine, Kit (2007). Semantic Relationism. Blackwell.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Linguistik: Kommunikation, Kognition und Sprachtechnologie / Master | (Einschreibung bis WiSe 19/20) | 23-LIN-MaTY; 23-LIN-MaCL1; 23-LIN-MaCL2 | 3 |
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: