300382 Soziologie der Sozialhilfe (S) (SoSe 2009)

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„Hartz IV“ hat sozialhilfeartige Leistungen wieder in den Mittelpunkt gesellschaftspolitischer Debatten gerückt.*) In den 1880er Jahren wurde in Deutschland die Sozialversicherung eingeführt. Sie verkörperte eine „Arbeiterpolitik“ für den ehrbaren, durch Beiträge für sich selbst sorgenden Arbeiter, von der die Armenhilfe (die damalige Form der Sozialhilfe) als „Armenpolitik“ in der Folge scharf getrennt und marginalisiert wurde. Erst über 100 Jahre später, im Jahre 2005 durch die Einführung von Hartz IV, wurde „Armenpolitik“ wieder zentral. Auch wenn die Sozialhilfe/Hartz IV verglichen mit Alterssicherung und Gesundheitswesen ein kleines soziales Sicherungssystem ist, kommt ihr doch eine große Bedeutung zu als moralisches Minimum, als unterster „Boden“ in der Gesellschaft, unter den niemand fallen soll. Zugleich ist die Sozialhilfe immer wieder Gegenstand von Kritik gewesen. Liberalen gilt sie als Anreiz, nicht zu arbeiten, Linken dagegen als stigmatisierend und sozial ausgrenzend. Liberale wie Linke, in den letzten Jahren zunehmend, schlagen als Alternative teilweise ein unbedingtes, einkommensunabhängiges Grundeinkommen für alle Bürger vor. Historisch war die Sozialhilfe/Armenhilfe die früheste Form staatlicher bzw. kommunaler Sozialpolitik, sie entstand in den europäischen Ländern im 16. Jahrhundert.

Die Sozialhilfe ist relativ wenig und erst spät (seit den 1990er Jahren) sozialwissenschaftlich erforscht worden. In den 2000ern verbreiten sich im weitesten Sinne sozialhilfeartige Leistungssysteme überraschend auch in Entwicklungsländern und werden als solche von internationalen Organisationen wie Weltbank und Internationale Arbeitsorganisation propagiert. Die Veranstaltung liefert Bausteine zu einer soziologischen Analyse der Sozialhilfe. Behandelt werden u.a.:

  • Soziologische und sozialpolitische Theorien der Sozialhilfe, darunter Georg Simmels klassischer Aufsatz „Der Arme“ (1908) (aus Simmels Band „Soziologie“, dessen Erscheinen vor 100 Jahren kürzlich an unserer Fakultät, an der die Simmel-Gesamtausgabe ediert wird, gefeiert wurde)
  • Empirische Analysen der Sozialhilfe, u.a. zu Bezugsverläufen („Sozialhilfekarrieren“, „Abhängigkeit“)
  • Sozialhilfepolitik in Deutschland
  • Internationaler Vergleich von Sozialhilfesystemen
  • Die Rolle von Mindestsicherungen in der Politik der EU
  • Die neue Rolle sozialhilfeartiger Leistungen („social cash transfers“) in globalen Diskursen, in der Programmatik internationaler Organisationen und in Entwicklungsländern
  • ) Der Ausdruck „Sozialhilfe“ wird in der Veranstaltung wie in der Forschung als Oberbegriff für sozialhilfeartige Leistungen wie Hartz IV, Grundsicherung im Alter oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz benutzt, schließt also Vorläufer wie Nachfolger des 1962-2004 existierenden Leistungssystems „Sozialhilfe“ (und natürlich dieses selbst) ein. Das System für Nicht-Erwerbsfähige heißt auch nach 2004 „Sozialhilfe“. 1924-1962 hieß das entsprechende System „Fürsorge“, davor sprach man von Armenhilfe oder –pflege.

Requirements for participation, required level

Kenntnisse der Sozialpolitik sind erwünscht, aber nicht zwingend.

Bibliography

Jürgen Boeckh, Ernst-Ulrich Huster, Benjamin Benz: Sozialpolitik in Deutschland, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, zweite, aktualisierte Auflage 2006 (die erste Auflage 2004 kann ggfs. auch noch benutzt werden), Abschnitte 3.1 (besonders S. 174f), 3.2, 3.3.2 d (zu normativen und institutionellen Grundlagen der Sozialhilfe im Kontext der sozialen Sicherung in Deutschland)

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Frequency Weekday Time Format / Place Period  
weekly Mo 16-18 C01-230 20.04.-20.07.2009
not on: 6/1/09

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Degree programme/academic programme Validity Variant Subdivision Status Semester LP  
Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom (Enrollment until SoSe 2008) H.S.2; H.S.3 Wahl HS
Soziologie / Diplom (Enrollment until SoSe 2005) 2.4.8 Wahl HS
Soziologie / Master (Enrollment until SoSe 2012) Modul 2.3 Wahl 3 (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich)  
Soziologie / Master (Enrollment until SoSe 2012) Modul 1.3 Wahl 3 (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich)  
Studieren ab 50    

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