Auf sog. kulturelle Unterschiede wird immer dann gern Bezug genommen, wenn Handlungen oder Ereignisse möglichst schnell und ohne aufwändige Analyse „erklärt“ werden sollen (vgl. die ethnisierende Zuschreibung der Verantwortung für die Übergriffe auf Einsatzkräfte in der Sylvesternacht). In der Schule und in anderen Bildungsinstitutionen wird das Auftreten von (sprachlichen) Lernschwierigkeiten von Personen, die neu zugewandert sind, aber auch von solchen, die einen sog. Migrationshintergrund haben, nicht selten mit kulturellen Unterschieden in Verbindung gebracht. Während im Alltag je nach Bedarf sprachliche, kulturelle und sog. migrationsbedingte Hintergründe als Erklärungsmuster herangezogen werden, hat die Sprachaneignungsforschung sog. „kulturelle Hintergründe“ bisher noch kaum systematisch in den Blick genommen. Die Herausforderung besteht offensichtlich darin, die kulturelle Verfasstheit unserer Existenz in Rechnung zu stellen, ohne ein Verständnis von Kultur anzusetzen, das Kulturen und Unterschiede zwischen Kulturen als etwas explizit oder implizit Gegebenes voraussetzt (Schwemmer 1997). In Übernahme einer Denkfigur zum Sprachbegriff und zur Sprachentwicklung von Maas (2008) soll im Seminar versucht werden, das Phänomen Kultur über einen Vermögensbegriff zu erschließen, der Vorabkategorisierungen unterläuft (vgl. Ohm 2022).
In der Seminararbeit sollen einschlägige Texte zum Zusammenhang von Sprache und Kultur/Sprachaneignung und Kulturaneignung gelesen und anhand von Beispielen und Daten aus unterschiedlichen Forschungskontexten diskutiert werden. Darauf aufbauend sollen die Teilnehmer*innen fachlich einschlägige Ratgeber, Handreichungen u.ä. zur Entwicklung „interkultureller Kompetenz“ (z.B. Huber 2013, Schumann 2012) mit Hilfe des angeeigneten begrifflich-theoretischen Wissens analysieren und kritisch reflektieren. Zudem wird die sprachlich und „kulturell“ heterogene Teilnehmerschaft Gelegenheit für Austausch und Diskussion über eigene Erfahrungen etwa mit dem Sprachenlernen in ungewohnten kulturellen Umgebungen oder mit tatsächlichen bzw. vermeintlichen kulturellen Unterschieden bieten.
Huber, Renate (2013): Wie gehe ich mit Vielfalt um? Eine Handlungsanleitung nach dem Sudoku-Prinzip. Münster, München, Berlin: Waxmann.
Maas, Utz (2008): Sprache und Sprachen in der Migrationsgesellschaft. Die schriftkulturelle Dimension. Göttingen: V & R unipress (Schriften des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück, 15).
Ohm, Udo (2022): Kultur als Prozess zwischen Vermögen und Prägnanzbildung. Eine prozessontologische und artikulationstheoretische Annäherung. In: Nazan Gültekin-Karakoç und Roger Fornoff (Hg.): Beruf(ung) DaF/DaZ. Eine Festschrift für Uwe Koreik zum 65. Geburtstag. Band 1, Göttingen: Göttingen University Press (Materialien Deutsch als Fremd- und Zweitsprache, 111.1), 89-103.
Schumann, Adelheid (2012): Interkulturelle Kommunikation in der Hochschule. Zur Integration internationaler Studierender und Förderung interkultureller Kompetenz. Bielefeld: Transcript (Kultur und soziale Praxis).
Schwemmer, Oswald (1997): Die kulturelle Existenz des Menschen. Berlin: Akademie Verlag.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Mi | 12-14 | T2-220 | 03.04.2023- 14.07.2023 |
Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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23-DAF-IndiErg2 Berufsfeldorientierung und Schlüsselqualifikationen im Feld DaF/DaZ | Seminar E | Studienleistung
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Studieninformation |
23-DAF-M-DAFGER-IndiErg1 Modularisierter individueller Kompetenz-Erwerb (MiKE) | veranstaltungsübergreifend | unbenotete Prüfungsleistung | Studieninformation |
23-DAF-M-DAFGER-IndiErg2 Modularisierter individueller Kompetenz-Erwerb (MiKE) | veranstaltungsübergreifend | unbenotete Prüfungsleistung | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.