220047 Kontingenz in der Geschichtswissenschaft (GSH+GST) (SoSe 2015)

Kontingent ist, was auch anders möglich ist.
Lange Zeit schien der Modus der Kontingenz für Historiker uninteressant; implizit waren sie oft sogar um Kontingenzreduktion bemüht. Das hat sich in den letzten Jahren zumindest punktuell geändert, wenngleich ein programmatischer Entwurf für einen geschichtswissenschaftlichen Umgang mit Kontingenz nicht abzusehen ist. In unserem Grundseminar sind wir daher auf Anregungen aus unseren Nachbardisziplinen – insbesondere aus Philosophie, Soziologie und Politikwissenschaft – angewiesen, die uns zunächst helfen sollen das Terrain abzustecken: In welchem Zusammenhang steht Kontingenz mit (vermeintlich) verwandten Begriffen wie Zufall, Instabilität und Offenheit? Welche Probleme bereitet sie den uns so wichtigen Konzepten Kausalität, Konsistenz und Struktur?
Was als Flickenteppich aus abstrakten Einzelproblemen beginnt, soll im Verlauf dieses Seminars unser Problembewusstsein auf zwei Ebenen schärfen: Zum einen suchen wir nach den Strategien, mit denen historische Akteure den Kontingenzen des Lebens begegnen – als Gefahr, als Chance, als Herausforderung. Zum anderen fragen wir, wie die Kontingenz geschichtlicher Prozesse historiographisch repräsentiert werden kann.

Literaturangaben

z.B.
- Reinhart Koselleck, "Erfahrungsraum" und "Erwartungshorizont" – zwei historische Kategorien. in: Ders., Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt a.M. 1989, S. 349-375.
- Yamina Ben-Menahem, Historical Necessity and Contingency, in: Aviezer Tucker (Hg.), The Cambridge Companion to the Philosophy of History and Historiography, Oxford 2009, S. 120-30.
- Arnd Hoffmann, Zufall und Kontingenz in der Geschichtstheorie. Mit zwei Studien zu Theorie und Praxis der Sozialgeschichte, Frankfurt a.M. 2005.
- Walter Brugger, s.v. Kontingenz, in: Hist.Wörterb.Phil. 4, 1976, Sp. 1027-34.