Mit dem seit Februar 2022 von der russischen Regierung geführten Krieg gegen die Ukraine sind in Europa die Themen Krieg und Flucht in einer Intensität präsent wie seit langem nicht. In Deutschland nehmen Politik, Medien und Wissenschaft Stellung, verurteilen das Vorgehen der russischen Regierung und erklären ihre Solidarität mit der Ukraine. Die Massenflucht aus der Ukraine hat neue Differenzierungen in „ukrainische Kriegsflüchtlinge“ und andere, bereits in Deutschland lebende Schutzsuchende herbeigeführt, die sich sowohl diskursiv als auch materiell niederschlagen. Gesellschaftliche Diskurse sind heterogen: Einige betonen die Beispiellosigkeit einer solchen Militäraktion nach dem Zweiten Weltkrieg und ziehen Vergleiche in der Bedrohungslage und den möglichen Ausmaßen. Andere verweisen auf weitere Kriegsschauplätze und üben Kritik an einer fehlenden Ausgewogenheit in Berichterstattung und Solidarität. Es gibt Rufe nach Aufrüstung, nach Diplomatie, nach Wirtschaftssanktionen und Friedensmissionen. Stimmen, die wenig Gehör finden, sind die der Mitglieder der Großkategorie „Flüchtlinge“.
In dieser Lehrforschung wollen wir uns aus einer biographieanalytischen Perspektive mit den Interpretationen und Praktiken von schutzsuchenden Menschen in Deutschland beschäftigen. Im Zentrum stehen Fragen nach den (Un-)Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe für Geflüchtete in Deutschland in einer Zeit von Mehrfachkrisen, aber auch nach dem Selbstverständnis Deutschlands, welches sich in Prozessen der ‚VerAnderung‘ zeigt.
Im ersten Teil der Lehrforschung verschaffen wir uns einen Überblick über den sozialwissenschaftlichen Stand der Forschung zu Krieg und Flucht und beschäftigen uns mit den gesellschaftspolitischen Rahmungen, die potentiell Polarisierung und Marginalisierung innerhalb der heterogenen Gruppe der „Flüchtlinge“ hervorbringen. Im zweiten Teil konzipieren Sie in Gruppenarbeiten eigene kleine Forschungsprojekte und setzen diese um. Aus einer biographietheoretischen Perspektive stellen Sie die Lebensführung geflüchteter Menschen in den Mittelpunkt und analysieren anhand narrativer Interviews, wie diese sich in Abwägung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu anderen positionieren und welche Strategien des Zugangs zu gesellschaftlicher Teilhabe sie entwickeln.
Insgesamt dient die Lehrforschung dazu, Sie beim Prozess der Durchführung einer eigenen Forschung – in allen Phasen vom Forschungsdesign über die Datenerhebung zur Auswertung und Darstellung von Ergebnissen – zu unterstützen.
Die einsemestrige Veranstaltung ist mit 4 LVS angesetzt. Diese setzen sich zusammen aus wöchentlichen Sitzungen à 2 LVS sowie zwei Blockterminen an Wochenenden. Diese Termine werden in der ersten Sitzung bekanntgegeben.
Die Lehrforschung ist grundsätzlich im Präsenzformat geplant. Ggf. werden aus didaktischen bzw. forschungspraktischen Gründen einzelne Sitzungen synchron hybrid bzw. asynchron durchgeführt.
Voraussetzung sind Grundkenntnisse der qualitativen Methoden empirischer Sozialforschung. Kenntnisse im Feld der Migrationsforschung sind von Vorteil, aber nicht zwingend. Erwartet wird die Bereitschaft, sich in komplexe deutsch- und englischsprachige Texte einzuarbeiten sowie die Motivation, eine eigenständige Forschungsarbeit zu konzeptionieren und durchzuführen.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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30-M-Soz-M9_LF1 Lehrforschung in Geschlechtersoziologie | Alternativ zu Seminar 1 und Seminar 2: großes Seminar | Studienleistung
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Studieninformation |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-MGS-6b Angewandte Geschlechterforschung - Lehrforschung | Alternativ zu Seminar 1 und Seminar 2: großes Seminar | Studienleistung
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Studieninformation |
- | unbenotete Prüfungsleistung | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Geschlechterforschung in der Lehre |
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: