Kosmopolitanismus (abgeleitet vom griechischen cosmopolites = Weltbürger) ist ein Stichwort, das viele neuere sozialwissenschaftliche Diskussionen prägt und rezent auch in der Ethnologie aufgegriffen wird. Während Kosmopolitanismus häufig als okzidentales Phänomen und Ausdrucksmöglichkeit (westlicher) intellektueller Eliten betrachtet wird, haben Ethnologen wie auch einige postkoloniale Autoren begonnen, kulturspezifische Kosmopolitanismen als Erfahrungsdimension in anderen Regionen und von Alltagsakteuren zu entdecken.
Die Diskussion um Bürgerrechte und zivilgesellschaftliche Verantwortung hat das Konzept des Kosmopolitanismus ebenfalls aufgegriffen. Hier geht es darum, die Formen und Möglichkeiten sozialen und politischen Engagements, in der Lokalität wie über Staatsgrenzen hinweg, neu zu erörtern. Kosmopolitisches zivilgesellschaftliches Engagement hat je nach geographischem, kulturellem und sozialem Kontext spezifische, lokale (partikulare) Ausformungen und Dynamiken; gleichzeitig aber nimmt es Bezug auf, bzw. erscheint anschlussfähig an globale Diskurse mit universalistischem normativ-ethischem Gehalt. Ein Beispiel hierfür ist der Diskurs zu Menschenwürde und Menschenrechten.
Das Seminar will die Debatten um Kosmopolitanismus und Menschenrechte sowie ihre Verflechtung kritisch aufarbeiten. Dazu sollen folgende Themenbereiche behandelt werden: a) Kosmopolitanismus: Die Geschichte des Konzepts; die Differenz zum Konzept der Globalisierung; die Bedeutungsdimensionen des Begriffs (normativ-ethisch, politisch-legal, individueller Habitus); das Spannungsverhältnis von lokaler Bindung und translokaler Orientierung; kosmopolitische Formen und Potentiale in nicht-westlichen Gesellschaften und bei nicht-Eliten (vernakulärer, „rooted“ cosmopolitanism).
b) Menschenrechte: Begründungstheoretische Überlegungen und sozialhistorische Verankerung; universale Gültigkeit bzw. Legitimität des Konzepts (Stichwort: Menschenrechtsimperialismus?); die Frage nach Bedeutungsoffenheit und damit Anschlussfähigkeit des Konzepts mit Blick auf andere Kulturen; Menschenrechte als Sprache des Rechts und das Problem der Übersetzung.
Das Seminar soll eine Antwort versuchen auf die Frage nach dem Potential von Menschenrechten für ein kosmopolitisches zivilgesellschaftliches Engagement in einer Pluralität sozialer und kultureller Kontexte.
Literaturauswahl:
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Brudermüller, Gerd / Seelmann, Kurt (Hrsg.), 2008, Menschenwürde: Begründung, Konturen, Geschichte, Würzburg: Königshausen & Neumann
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Pnina Werbner (Hg., 2008), Anthropology and the New Cosmopolitanism, Oxford/New York: Berg,
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Frauenstudien | (Einschreibung bis SoSe 2015) | ||||||
Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2008) | G.S.3; G.S.4 | |||||
Soziologie / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kernfach | VN | Wahl | 3 | ||
Soziologie / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2008) | vNF: Modul C; vNF: Modul A | Wahl | 3 | |||
Soziologie / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | SpeSoz1; SpeSoz2.a; SpeSoz2.b | 3 | (bei Einzelleistung 2 LP zusätzlich) | ||
Soziologie / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2005) | 2.4.7 | Wahl | HS |