300395 Funktion und Wandel wissenschaftlicher Disziplinen (S) (SoSe 2009)

Inhalt, Kommentar

Das Wissenschaftssystem befindet sich in einem weit reichenden inneren wie äußeren Wandel. Im Inneren verändern neue interdisziplinäre Felder das Gesicht der Wissenschaft. Den klassischen, in den vier Fakultäten organisierten Disziplinen haben sich längst zahllose andere hinzugesellt. Neue Formen der Kooperation haben sich daraus ergeben, die innovationsträchtige Erkenntnisse hervorbringen. Interdisziplinarität selbst hat den Stellenwert eines die Wissenschaft leitenden Prinzips im Mertonschen Sinne errungen. Sie gilt im wissenschafts- und hochschulpolitischen Diskurs häufig als ein Zweck in sich selbst. Jenseits der inzwischen schon klassischen Interdisziplinarität hat sich inzwischen der Begriff der Transdisziplinarität als neue Antwort auf die gesellschaftlichen Herausforderungen etabliert, mit denen sich Wissenschaft konfrontiert sieht. Die herkömmlichen Formen der autonomen wissenschaftlichen Wissensproduktion scheinen in epistemischer, organisatorischer und gesellschaftlicher Hinsicht vielfach ihre Überzeugungskraft eingebüßt zu haben. Manche Zeitdiagnosen gehen sogar davon aus, dass Struktur und Funktion des Wissenschaftssystems sich qua Inter- und Transdisziplinarität bereits grundlegend geändert haben. Die aus dem neunzehnten Jahrhundert überlieferte Struktur der Disziplinen gilt dementsprechend auch vielen als überholt. Disziplinen gelten als Ursache verengter, einseitiger, nicht problemangemessener Sichtweisen in der Wissenschaft. Inter- und Transdisziplinarität werden als angemessene Reaktionen auf derartige Verkrustungsphänomene interpretiert. Aber nicht nur die Selbstbeschreibung der Wissenschaft stellt sich in der skizzierten Weise auf eine Welt jenseits disziplinärer Differenzierungen ein. Auch die Organisationen der Wissenschaft allgemein und des Hochschulsystems im Besonderen scheinen Diagnosen eines post-disziplinären Zeitalters zu bestätigen.
Auch im Äußeren finden diese Entwicklungen ihren Niederschlag. Mit dem Begriff der Transdisziplinarität wird häufig darauf angespielt, dass die neuen Formen der Wissensproduktion inzwischen auch nichtwissenschaftliche Akteure einschlössen. Vor allem das Konzept der Zivilgesellschaft spielt in diesem Argumentationszusammenhang eine wichtige Rolle. Transdisziplinarität, so wird argumentiert, erfasse darüber hinaus auch Phänomene, die beispielgebend sind für eine Verwissenschaftlichung weiter Lebensbereiche. An erster Stelle dieser Bereiche steht sicherlich die Politik, die sich in beachtlichem Umfang auf wissenschaftliche Expertise und Beratung stützt. Hier beobachten wir seit langem schon interdisziplinäre Kooperationsformen, die zunehmend um die Kooperation mit nichtwissenschaftlichen, vorwiegend zivilgesellschaftlichen Akteuren im Beratungskontext erweitert werden.
Das Seminar untersucht vor diesem Hintergrund die Funktion und den Wandel wissenschaftlicher Disziplinen. Weshalb haben sich Disziplinen in der Wissenschaft herausgebildet? Welche Aufgabe haben sie? Welche Folgen hat der sich abzeichnende Wandel der Disziplinen?

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Fundierte Theoriekenntnisse
Bei Interesse an einer ab WS 2009/10 geplanten Lehrforschung zum Thema "Interdisziplinarität" kann die Veranstaltung zur thematischen Vorbereitung dienen

Literaturangaben

Abbott, A., 2001, Chaos of Disciplines, Chicago/London: Chicago University Press.
Bora, A., 2007, Die disziplinären Grundlagen der Wissenschaft. Wien: Österreichische Akademie der Wissenschaften 2007: ita manu:script ITA-07-08. 21 p.
Funtowicz, S. O., Ravetz, J. R., 1993, The Emergence of Post-Normal Science, in: v. Schomberg, R., (Hg.), Science, Politics and Morality. Scientific Uncertainty and Decision Making, Dordrecht: Kluwer, 85-123.
Gibbons, M., Limoges, C., Nowotny, H., Schwartzman, S., Scott, P., Trow, M., 1994, The New Production of Knowledge, London: Sage.
Kocka, J., (Hg.) (1987), Interdisziplinarität, Praxis – Herausforderungen – Ideologie, Frankfurt/M.: Suhrkamp
Luhmann, N., 1990, Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt/M.: Suhrkamp
Mittelstraß, J., 2003, Transdisziplinarität - wissenschaftliche Zukunft und institutionelle Wirklichkeit, Konstanz: UVK.
Stichweh, R., 1984, Zur Entstehung des modernen Systems wissenschaftlicher Disziplinen, Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Weber, M., 1919, Wissenschaft als Beruf, Berlin: Duncker & Humblot, 6. Auflage, 1975.

Lehrende

Termine ( Kalendersicht )

Rhythmus Tag Uhrzeit Format / Ort Zeitraum  
wöchentlich Mi 14-16 U6-211 15.04.-22.07.2009

Verstecke vergangene Termine <<

Fachzuordnungen

Studiengang/-angebot Gültigkeit Variante Untergliederung Status Sem. LP  
History, Philosophy and Sociology of Science / Master (Einschreibung bis SoSe 2014) Hauptmodul 1 Wahlpflicht 1. 2. 3. 4. scheinfähig HS
Soziologie / Diplom (Einschreibung bis SoSe 2005) 2.2.4 (DPO02) Wahl HS
Soziologie / Master (Einschreibung bis SoSe 2012) Modul 3.3 Wahl 3 Bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich  

Keine Konkretisierungen vorhanden
Kein E-Learningangebot vorhanden
Adresse:
SS2009_300395@ekvv.uni-bielefeld.de
Lehrende, ihre Sekretariate sowie für die Pflege der Veranstaltungsdaten zuständige Personen können über diese Adresse E-Mails an die Veranstaltungsteilnehmer*innen verschicken. WICHTIG: Sie müssen verschickte E-Mails jeweils freischalten. Warten Sie die Freischaltungs-E-Mail ab und folgen Sie den darin enthaltenen Hinweisen.
Falls die Belegnummer mehrfach im Semester verwendet wird können Sie die folgende alternative Verteileradresse nutzen, um die Teilnehmer*innen genau dieser Veranstaltung zu erreichen: VST_9570494@ekvv.uni-bielefeld.de
Hinweise:
Weitere Hinweise zu den E-Mailverteilern
Letzte Änderung Grunddaten/Lehrende:
Freitag, 11. Dezember 2015 
Letzte Änderung Zeiten:
Dienstag, 18. November 2008 
Letzte Änderung Räume:
Dienstag, 18. November 2008 
Art(en) / SWS
Seminar (S) / 2
Einrichtung
Fakultät für Soziologie
Fragen oder Korrekturen?
Fragen oder Korrekturwünsche zu dieser Veranstaltung?
Planungshilfen
Terminüberschneidungen für diese Veranstaltung
Link auf diese Veranstaltung
Wenn Sie diese Veranstaltungsseite verlinken wollen, so können Sie einen der folgenden Links verwenden. Verwenden Sie nicht den Link, der Ihnen in Ihrem Webbrowser angezeigt wird!
Der folgende Link verwendet die Veranstaltungs-ID und ist immer eindeutig:
https://ekvv.uni-bielefeld.de/kvv_publ/publ/vd?id=9570494
Seite zum Handy schicken
Klicken Sie hier, um den QR Code zu zeigen
Scannen Sie den QR-Code: QR-Code vergrößern
ID
9570494