Seit über 30 Jahren gibt es einen internationalen, interdisziplinär geführten und dabei ganz überwiegend sozialwissenschaftlich geprägten Diskurs über organisiertes Rechnen unter dem Oberbegriff des "Accounting". Der internationale Diskurs lokalisiert "Accounting" ¿ als Sammelkategorie für Buchführung, Kostenrechnung, Bilanzwesen, Controlling, aber auch Benchmarking wie für alle weiteren Managementmethoden, die von Zahlen Gebrauch machen - in verschiedenen sozialen Kontexten: in Wirtschaftssystemen, Professionen, Organisationen, aber auch in politischen Auseinandersetzungen, Regulierungsregimen und Disziplinierungsprogrammen. In einer breiten Rezeption soziologischer und sozialphilosophischer Theorien und Forschungsansätze (der Einfluss Michel Foucaults ragt heraus, aber auch sozialkonstruktivistische, organisationstheoretische, neo-marxistische, neuere wirtschaftssoziologische und mikrosoziologische Forschungsansätze sind prominent vertreten) distanziert sich dieser Diskurs nicht nur vom wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream, sondern auch von der Behandlung der Rechnungslegung in der wirtschaftssoziologischen Klassik (Weber, Sombart).
So erkennt die Literatur neben wirklichkeitsgenerierenden Aspekten organisierten Rechnens in Praktiken der Rechnungslegung auch das Wirken einer disziplinären Technologie, die Organisationen, Populationen und ganze Wirtschaftsräume registriert, dokumentiert, strukturiert und überprüft. Man sieht einen Ordnungs- und Regierungswillen am Werk, eine "Gouvernementalität", die nicht in erster Linie auf die Errichtung einer zentralisierten Zahlenbürokratie abzielt, sondern eine Streuung von Rechnungspraktiken und -programmen über die ganze Breite organisierter Sozialordnungen erreichen möchte. Daneben stellen sich Fragen nach Quantifizierungseffekten für Organisationskulturen, die der Invasion von Zahlen und Bewertungskonstrukten ausgesetzt werden, Fragen des Verhältnisses zwischen Produktions- und Finanzmanagement oder nach Funktionen und Folgen kreativer Buchführung. Auch die Frage nach dem Zusammenhang von Rechnungspraktiken, Organisationsformen Wirtschaftssystemen, die schon Weber und Sombart bewegte, wird nun auf der Höhe zeitgenössischer Diagnosen des Finanzmarktkapitalismus wieder neu gestellt.
Das Seminar wird in der Breite derartiger Themen ihren organisationssoziologischen Relevanzen nachgehen und dabei neben inzwischen klassischen Texten des "Accounting"-Genres den Schwerpunkt auf die Lektüre aktueller Literatur aus den letzten drei bis vier Jahren legen. Bei der Seminarliteratur handelt es sich durchgängig um englischsprachige Texte.
Miller, Peter, 1994: Accounting as Social and Institutional Practice: An Introduction. S. 1- 39 in Hopwood, Anthony G./Miller, Peter (Hg.), Accounting as Social and Institutional Practice. Cambridge: Cambridge University Press
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
---|
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Soziologie | Nebenfach | 2.2.3 (DPO97/98) | Wahlpflicht | HS | |||
Soziologie / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2005) | 2.2.3 (DPO02) | Wahlpflicht | HS | |||
Soziologie / Master | (Einschreibung bis SoSe 2012) | Modul 2.1 | 3 | (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich) |