Die Veranstaltung soll sowohl überblicksartig als auch themenzentriert in die Vielseitigkeit der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts (mit komparatistischen Akzenten) einführen und dabei deren wesentliche literarische Strömungen (späte Klassik, Romantik, Vormärz, Realismus, Naturalismus, Symbolismus etc.) und deren Ausprägungen in den drei Literaturgattungen als auch ihre Konzeptionen in der ästhetischen Theoriebildung nachzeichnen.
Ausgehend von poetologischen Überlegungen zur Prosa innerhalb der Frühromantik, aber auch der Novellen- und moderner Erzähltheorie, wird das Seminar auf charakteristische Gestaltungsformen, sprachliche Bilder, Motive und Themen der erzählenden Literatur des 19. Jahrhunderts eingehen. Der Einbau von ästhetiktheoretischer und subjektphilosophischer Reflexion wird dabei ebenso eine Rolle spielen, wie die Verarbeitung neuer Wahrnehmungsmodalitäten von Identität, Kunst und Künstler, Natur, Großstadt, Gefühlskultur, zwischenmenschlichen Beziehungen, Innerlichkeit etc. Ebenso wird dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft und den ersten Ansätzen einer psychologischen Durchdringung innerhalb von Figurendarstellungen und deren Auswirkungen auf narrative Verfahrensweisen gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Auf diese Weise soll ein Einblick in die Literaturgeschichte des Erzählens von der Romantik bis hin zum Naturalismus ermöglicht werden.
Auch die Lyrik des 19. Jahrhunderts hat ein großes innovatorisches Potential zu bieten. Vom eher gegenstandsbezogenen Gedicht findet eine Entwicklung zur Erfassung dichterischer Subjektivität statt. Das sogenannte "Erlebnisgedicht" (Goethe, Eichendorff, Mörike etc.) ist in dieser Hinsicht paradigmatisch. zugleich wird aber auch die Situation des Künstlers und die Kunst selbst zu einem Themenfeld der Dichtung. Auch treten vermehrt experimentelle Formen und veränderte Bildkonstruktionen an die Stelle einer überholten Regelpoetik. Vor dem Hintergrund dieses Paradigmenwechsels sollen entscheidende Stoffe, Themen, Motivformen, Schreibweisen und formal-ästhetische Eigenarten der deutschen Lyrik durch genaue Textanalysen im Seminar ermittelt werden, um auf diese Weise die Genese der Lyrik zu einer modernen Literatursprache anhand von Epochenumbrüchen zu erarbeiten.
Im Bereich des Dramas ist während dieser Zeit eine Ablösung der klassischen Tragödie durch eine Weiterentwicklung des bürgerlichen Trauerspiels, nämlich durch das soziale Drama zu konstatieren. Ebenso wird die Geschichte (und mitunter deren fatalistische Betrachtung) selbst zum wesentlichen Stoff der Bühnen, während sich die Tragödie den Weg in das Musiktheater (Nietzsche, Wagner) als einer neuen Ausdrucksform bahnt. Das Seminar wird versuchen, diesen verschiedenen Ausprägungen von literarischer Evolution gerecht zu werden und soll deshalb auch die exemplarische Textlektüre in den Mittelpunkt stellen. Da ein Großteil der Texte in reclam-Ausgaben erhältlich ist, werden nur die lyrischen und literaturtheoretischen Texte in einem Reader oder im Stud-IP den Studierenden zur Verfügung gestellt.
Folgende Texte könnten in der Veranstaltung besprochen werden:
A) ERZÄHLUNGEN
1) Ludwig Tieck: Der blonde Eckbert (1797)
2) Clemens Brentano: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl (1817)
3) Joseph von Eichendorff: Das Marmorbild (1818)
4) E.T.A. Hoffmann: Das Fräulein zu Scuderi (1819-1821)
5) Edgar Allan Poe: The Black Cat (1843)
6) Franz Grillparzer: Der arme Spielmann (1848)
7) Theodor Storm: Waldwinkel (1874)
8) Gerhart Hauptmann: Bahnwärter Thiel (1887)
B) GEDICHTE
Goethe, Novalis, Joseph von Eichendorff, Clemens Brentano, Heinrich Heine, Annette von Droste-Hülshoff, Charles Baudelaire,
Arthur Rimbaud, Conrad Ferdinand Meyer, Theodor Storm und Stefan George
C) DRAMEN
1) Georg Büchner: Woyzeck (1837)
2) Friedrich Hebbel: Judith (1840)
3) Hugo von Hofmannsthal: Der Tor und der Tod (1894)
Der Besuch einer "Einführung in die Germanistische Literaturwissenschaft" (Fachportal Germanistik)
1) Martin Anderle: Deutsche Lyrik des 19. Jahrhunderts. Ihre Bildlichkeit: Metapher, Symbol, Evokation, Bonn 1979.
2) Hugo Aust: Realismus, Stuttgart/Weimar 2006.
3) Dieter Burdorf: Einführung in die Gedichtanalyse, Stuttgart 1997, 2. Auflage.
4) Thomas Gräff: Lyrik von der Romantik bis zur Jahrhundertwende. Interpretationen, München 2000.
5) Franz-Josef Holznagel/Hans-Georg Kemper u.a.: Geschichte der deutschen Lyrik, Stuttgart 2004.
6) Detlef Kremer: Prosa der Romantik, Stuttgart/Weimar 1996.
7) Detlef Kremer: Romantik, Stuttgart/Weimar 2007, 3. Auflage.
8) Paul Michael Lützeler (Hg.): Romane und Erzählungen zwischen Romantik und Realismus: Neue Interpretationen, Stuttgart 1983.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Mi | 16-18 | H5 | 04.04.-15.07.2011 |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Germanistik / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | BaGerB3 | 1.5/3.5 | |||
Germanistik / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | BaGerB3 | 1.5/3.5 | ||||
Germanistik (GHR) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | BaGerB3 | 1.5/3.5 | ||||
Kulturseminare | Literatur | ||||||
Studieren ab 50 |
1) Für den Erwerb eines unbenoteten Teilnahmenachweises (1,5 LP) ist neben dem regelmäßigen Besuch der Veranstaltung, der Textlektüre und einer aktiven Beteiligung am Unterrichtsgespräch die Abgabe einer kurzen Interpretation (ca. 2 Seiten) zu einem selbstgewählten Text obligatorisch.
2) Für den Erwerb einer benoteten Einzelleistung (3,5 LP) ist neben dem regelmäßigen Besuch der Veranstaltung, der Textlektüre und einer aktiven Beteiligung am Unterrichtsgespräch die schriftliche Bearbeitung von zwei Hausaufgaben (ca. 6 Seiten)
zu frei gewählten Themen obligatorisch.