Die 50er Jahre haben in der öffentlichen Wahrnehmung ein Doppelgesicht, dies gilt insbesondere für die BRD: Einerseits gilt das Jahrzehnt gemeinhin als muffig-restaurative Phase des Beschweigens und harmlosen Vergnügens, andererseits bringen Westbindung und Wirtschaftswunder einen immensen Schub an Modernisierung und Dynamisierung aller Lebensbereiche der Gesellschaft.
Das interdisziplinäre Seminar fragt nach den Implikationen, die diese gegenläufigen, tatsächlich weit facettenreicheren Tendenzen für die Literatur hatten als einen jener Räume, in dem Gesellschaften sich über sich selbst verständigen - auf Kommendes vorausweisend ebenso wie Vergangenes weiter diskutierend.
Im Seminar sollen gesellschaftliche Diskurse der 1950er Jahre im Spiegel literarischer Texte untersucht werden, und zwar aus West und Ost. Mögliche Themen sind etwa Aufbau West (Wirtschaftswunder) und Umbau Ost (Bodenreform), der Umgang mit der Vergangenheit als Täter (Nationalsozialismus) und zugleich oft Leidtragende des Zweiten Weltkrieges (Bombenkriegserfahrung), oder Entwürfe des sozialistischen respektive kapitalistischen Individuums.
Zu untersuchen ist dabei neben den gesellschaftsgeschichtlichen Implikationen von Literatur auch stets das literarische Verfahren selbst: Wie stellen sich die deutschsprachigen Schriftsteller der 1950er Jahre der Herausforderung, kurz nach dem totalen Zusammenbruch Deutschlands und „nach Auschwitz“ zu schreiben, welchen Ort beanspruchen ihre Texte bei der Restauration der Verhältnisse oder aber deren Umwälzung? Und können sie in einer Epoche des Umbruchs und der Neugestaltung auch literarästhetisch neue Impulse setzen?
Regelmäßige Teilnahme und Lektüre der Texte, Übernahme eines einleitenden Referates (in Kleingruppen) zu einem der Texte des Seminarprogramms
- Eckart Conze, Die Suche nach Sicherheit. Eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis in die Gegenwart, München 2009 (S. 45-330).
- Ilko-Sascha Kowalczuk, Das bewegte Jahrzehnt. Geschichte der DDR von 1949 bis 1961, Bonn 2003.
- Axel Schildt, Detlef Siegfried, Deutsche Kulturgeschichte. Die Bundesrepublik von 1945 bis zur Gegenwart, München 2009 (S. 95-244).
- Treibhaus. Jahrbuch für die Literatur der fünfziger Jahre (seit 2005).
- Jörg Drews (Hg.): Vom "Kahlschlag" zu "movens". Über das langsame Auftauchen experimenteller Schreibweisen in der westdeutschen Literatur der fünfziger Jahre, München 1980.
- Ingrid Gilcher-Holtey: "Askese schreiben, schreib: Askese". Zur Rolle der Gruppe 47 in der politischen Kultur der Nachkriegszeit, in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 2 (2000), 134-167.
- Adrian Hummel (Hg.): Weiter schreiben - wieder schreiben. Deutschsprachige Literatur der fünfziger Jahre, München 2004.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Di | 16-18 | U2-200 | 04.04.-15.07.2011 |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Germanistik / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | BaGerP2L; BaGerP2S | 2/5 | |||
Germanistik / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | BaGerP2L; BaGerP2S | 2/5 | ||||
Germanistik (GHR) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | BaGerP2L; BaGerP2S | 2/5 |
Für benotete Einzelleistung: Hausarbeit