301052 Kapitalismus, Imperialismus, Kolonialismus. Neue Formen der Landnahme und deren Kritik (S) (WiSe 2025/2026)

Inhalt, Kommentar

Die aktuelle Politik der USA weist eine erstaunliche Parallele zum russischen Neo-Imperialismus auf; etwa, wenn die US-amerikanische Regierung Ansprüche auf Kanada, Grönland und den Panama-Kanal erhebt. Im Hintergrund aktueller imperialer Expansions- und Herrschaftsbestrebungen stehen die globalen kapitalistischen, sich immer wieder aufs Neue krisenhaft zuspitzenden gesellschaftlichen Entwicklungen (z.B. ökologische Krisen oder Care-Krisen). Bislang haben schwere ökonomische Krisen meist zur Revitalisierung der kapitalistischen Dynamik beigetragen; etwa die Banken- und Finanzkrise 2008/2009, und zwar auch um den Preis einer weiteren Zuspitzung von Prekarität (Dörre 2009).

Ein typisches Muster des Umgangs mit strukturellen Krisen ist die kapitalistische Landnahme bislang noch nicht genutzter, also nicht-kapitalisierter Räume; Ziel ist die Ausdehnung der Möglichkeiten der Kapitalakkumulation. Diese Einsicht geht auf Rosa Luxemburgs Analyse der Kapitalakkumulation zur Hochzeit des Imperialismus im 19. Jahrhundert zurück (vgl. Mommsen 1987). Luxemburgs Perspektive auf Prozesse der Landnahme lässt sich auf vielfältige Phänomene der Gegenwart übertragen; z.B. auf die Rücknahme von Arbeitsrechten und die Umgehung des Tarifrechts; oder auf die gewaltvolle Einhegung öffentlicher Güter, z.B. auf die Kommerzialisierung von Commons (vgl. De Angelis, 2001; Federici 2012), und nicht zuletzt auf die Ökonomisierung von Beziehungen und des Selbst. Aus dieser Perspektive wird deutlich, dass Kapitalismus nur durch die fortwährende neue Inbesitznahme von „Land“ überdauert, wobei Menschen zu systemkompatiblem Handeln „angeregt“ werden. Wie dies gelingt, und gleichzeitig eine kritische Auseinandersetzung mit den ökologischen und sozialen Krisen eingehegt wird und die kapitalistische Landnahme sich immer wieder neu legitimieren kann, damit beschäftigt sich dieses Seminar. Hierzu wird nicht nur auf den imperialismustheoretischen Begriff der Landnahme zurückgegriffen, sondern auch auf ausgewählte Perspektiven post- und dekolonialen Denkens (Mbembe 2014; DuBois 1976). Sie rücken deutlicher in den Vordergrund, inwiefern globale kapitalistische Expansions- und Herrschaftsverhältnisse sich aus kolonialen Zusammenhängen speisen (Lenger 2023).

Angelis, Massimo de (2001): The continuous character of capital’s enclosures. In: The Commoner 2, S. 1-22.

Angelis, Massimo de (2012): Krise, Kapital und Vereinnahmung — braucht das Kapital die Commons? In: Silke Helfrich, Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.), Commons. Für eine neue Politik jenseits von Markt und Staat. Bielefeld: transcript.

Dörre, Klaus (2009): Die neue Landnahme. Dynamiken und Grenzen des Finanzmarktkapitalismus. In: K. Dörre; S. Lessenich; H. Rosa (Hrsg.), Soziologie – Kapitalismus – Kritik. Eine Debatte. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 21-86.

Federici, Silvia (Hrsg.) (2012): Revolution at Point Zero. Housework, Reproduction, and Feminist Struggle. Oackland: PM Press.

Lenger, Friedrich (2023): Der Preis der Welt. Eine Globalgeschichte des Kapitalismus. München: Beck.

Mbembe, Achilles (2014): Kritik der schwarzen Vernunft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Mommsen, Wolfgang J. (1987): Imperialismustheorien, ein Überblick über die neueren Imperialismus-interpretationen, 3. erw. Aufl., Göttingen; darin: Rosa Luxemburg (ab S. 35);

Lehrende

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wöchentlich Mi 14-16 V2-135 15.10.2025-04.02.2026

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Dienstag, 22. Juli 2025 
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Art(en) / SWS
Seminar (S) / 2
Einrichtung
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