300174 Kommunikation und Medien in der Luhmannschen Gesellschaftstheorie (S) (SoSe 2007)

Inhalt, Kommentar

Die soziologische Systemtheorie von Niklas Luhmann geht von der Annahme aus, dass Gesellschaft sich ausschließlich aus Kommunikationen bildet und reproduziert. Luhmanns Konzeption von Kommunikation distanziert sich von der Vorstellung, dass Informationen von einem Sender zu einem Empfänger übertragen werden. Stattdessen stellt Kommunikation die laufende Synthese der drei Komponenten Information, Mitteilung und Verstehen dar. Diese kommunikativen Einheiten bilden soziale Systeme aus. Alles was nicht Kommunikation ist, gehört demnach nicht zur Gesellschaft, sondern zur Umwelt der Gesellschaft. Die Entwicklung bzw. Evolution der Gesellschaft rekonstruiert Luhmann als einschneidende Änderungen in der Form von Kommunikationen, die u.a. durch Medien bewirkt werden. Schrift, Buchdruck und schließlich sämtliche technische Möglichkeiten der Verbreitung von Kommunikation (Verbreitungsmedien) stellen verschiedene Etappen der gesellschaftlichen Entwicklung dar. Andererseits konzipiert Luhmann auch symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien (Geld, Liebe, Wahrheit, Macht etc.), welche letztlich eine wichtige Grundlage für die moderne Gesellschaft bilden, die sich in verschiedene Funktionssysteme differenziert hat. In gewisser Weise weist der Medienbegriff also einen Zwitterstatus (Verbreitungsmedien und Kommunikationsmedien) auf, ähnlich wie man es auch für Technik bzw. für technische Apparaturen ausmachen kann: "Je nach dem ist die technische Apparatur eine Gegebenheit der Umwelt des Kommunikationssystems oder eine Form, mit der die Kommunikation selbst akzeptierbare Anschlüsse einschränkt" (Niklas Luhmann 2006: Organisation und Entscheidung, S. 364).

Wie hängen nun aber Kommunikationsbegriff und Medienbegriff bei Luhmann konkreter betrachtet zusammen? Um diese schwierige theoretische Frage zu diskutieren, wird es notwendig sein erstens Luhmanns Konzeption von Kommunikation als Grundlage von Sozialtheorie zu rekapitulieren. Zweitens ist es erforderlich, seine Medientheorie zu behandeln, um schließlich in einem dritten Schritt den Versuch zu unternehmen, zu erörtern wie beide - Kommunikationstheorie und Medientheorie - zusammenhängen. Erste Antwortversuche könnten folgendermaßen aussehen: Medien greifen in ganz besonderer Weise in den kommunikativen Prozess ein. Sie machen bestimmte Formen von Kommunikation möglich/wahrscheinlich, die ohne bestimmte Medien nicht möglich wären. Bestimmte technische Errungenschaften, wie z.B. die Telegrafie, machten Kommunikation über große Distanzen (z.B. zwischen Amerika und Europa) in kürzester Zeit möglich, woraus etliche Folgen für viele Funktionsbereiche der Gesellschaft (z.B. für die Wirtschaft) resultierten. Ähnliches kann man u.a. für das Telefon, für Rundfunk/Fernsehen und aktuell für Computer/Internet feststellen.

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Erforderlich sind Grundkenntnisse der soziologischen Systemtheorie und Grundkenntnisse mediensoziologischer Fragestellungen.

Literaturangaben

Bohn, Cornelia 2000: Kleidung als Kommunikationsmedium. In: Soziale Systeme 6, S. 111-137.
Ellis, John 2001: Fernsehen als kulturelle Form. In: Adelmann et al. (Hg.): Grundlagentexte zur Fernsehwissenschaft. Konstanz: UVK, S. 44-73.
Faßler, Manfred 2001: Soviel Medien waren nie. Quo vadis Mediensoziologie und Kommunikationssoziologie? In: Soziologie 4/2001, S. 48-72.
Fuchs, Peter 1991: Kommunikation mit Computern? Zur Korrektur einer Fragestellung. In: Sociologia Internationalis 1/1991, S. 1-30.
Halbach, Wulf R.; Faßler, Manfred 1998: Einleitung in eine Mediengeschichte. In: Ders. (Hg.): Geschichte der Medien. München: Fink, S. 17-53.
Halefeldt, Horst O. 1999: Programmgeschichte des Hörfunks. In: Jürgen Wilke (Hg.): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 211-254.
Hutter, Michael 1993: Die frühe Form der Münze. In: Dirk Baecker (Hg.): Probleme der Form. Frankfurt/M., S. 159-180.
Höflich, Joachim 1998: Telefon: Medienwege - von der einseitigen Kommunikation zu mediatisierten und medial konstruierten Beziehungen. In: Manfred Faßler & Wulf Halbach (Hg.): Geschichte der Medien. München: Fink, S. 187-225.
Krämer, Sybille 1998: Form als Vollzug oder: Was gewinnen wir mit Niklas Luhmanns Unterscheidung von Medium und Form? In: Dies. (Hg.): Über Medien. Geistes- und kulturwissenschaftliche Perspektiven, Berlin, S. 160-168. Im Internet unter: http://userpage.fu-berlin.de/~sybkram/medium/inhalt.html
Luhmann, Niklas 1999: Die Gesellschaft der Gesellschaft Bd. 1. Frankfurt/M: Suhrkamp, Kap. 2: Kommunikationsmedien, S. 190-412.
Luhmann, Niklas 2005: Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation. In: Ders.: Soziologische Aufklärung 3, Wiesbaden: VS-Verlag, S. 29-40.
Luhmann, Niklas 2005: Was ist Kommunikation? In: Ders.: Soziologische Aufklärung 6, Wiesbaden: VS-Verlag, S. 109-120.

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Medienwissenschaft, interdisziplinäre / Master (Einschreibung bis SoSe 2014) Modul 2 Wahlpflicht 3  
Politische Kommunikation / Master (Einschreibung bis SoSe 2013) 3.1    
Soziologie / Diplom (Einschreibung bis SoSe 2005) 2.2.5 Wahlpflicht HS

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Freitag, 11. Dezember 2015 
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