220102 Wissenschaftsgeschichte der Biologie - ein Überblick (Ü) (SoSe 2015)

Das Ziel dieser Lehrveranstaltung ist es, sowohl einen Überblick über die epistemischen, methodischen und forschungsstrategischen Entwicklungen der Naturgeschichte bis ins 19. Jahrhundert zu bieten und die wichtigsten Schritte des Disziplinbildungsprozesses der Biologie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts herauszuarbeiten. Mit den großen Theorien des 19. Jahrhunderts  (Linné, Lamarck, Darwin, Mendel) werden die wichtigsten Kontroversen (kulturgeschichtliche, gesellschaftspolitische und religionshistorische) ebenso wie der Wandel in den Organisationsformen (große Entdeckungsreisen, Entwicklung der biologisch-experimentellen Laborforschung) der naturhistorischen Forschung dargestellt werden. Die Darstellung der Entwicklung der Biologie in der 1. Phase ihrer Ausdifferenzierung im 20. Jahrhundert wird in ihren Anschlussoptionen für diverse politische Systeme (rassistische Biologie des NS und Lyssenkismus in der Stalin-Zeit der UDSSR) und für gesundheitspolitische Strategien der heutigen Biomedizin (auch für verschiedene Spielarten der Eugenik und Euthanasie) zur Sprache kommen. Der Herausbildung der Ökologie aus verschiedenen Ansätzen wird ebenso ein Kapitel gewidmet werden. Von den großen epistemischen und forschungsstrategischen Zusammenschlüssen ab den 1940er Jahren wird zu sprechen sein, wobei als Beispiele der Neuansatz der Evolutionstheorie und Populationsgenetik (New Synthesis) und auch die Synthese von Biochemie und Genetik zur Ermittlung des genetischen Codes nach 1950 thematisiert werden soll. Mit Hinweisen auf Themen der pränatalen Diagnostik, die neue ethische Herausforderungen für den „aufgeklärten Bürger der Wissensgesellschaft“ darstellen, wird auf die veränderte Bedeutung der funktionellen Biologie und der Biomedizin hingewiesen. Im Rahmen dieses Überblicks soll auch der Entwicklung der kybernetischen und systemtheoretischen Biologie Augenmerk geschenkt werden. Dieser Überblick soll ein besseres Verständnis für den Bedeutungswandel der Erklärungskompetenz der Biologie  und der Entwicklung der kritischen Auseinandersetzung über die bio-medizinischen Eingriffsmöglichkeiten und die Imperative der gesellschaftlichen Gestaltung unserer Umwelt ermöglichen.