230040 „Wer a sagt, der muß nicht b sagen“ - Bertolt Brechts Lehrstücke (S) (WiSe 2025/2026)

Mal als „neue Aera“ gefeiert, mal als „miserables Stück“ verrissen – Die Maßnahme von Bertolt Brecht ist wohl eines der umstrittensten Theaterstücke des 20. Jahrhunderts. Es gehört zu den sog. Lehrstücken, die ebenso herausforderungsvoll wie vielschichtig und interessant sind. Sicher sind sie auch dafür verantwortlich, dass Brecht (vorschnell) als ‚Marxist‘ wahrgenommen wurde.

In den 1930er Jahren entwickelt er diese Theaterform, die nicht vordringlich das Publikum, sondern explizit die Spielenden adressieren soll – so experimentiert Brecht mit innovativen dramatischen bzw. theatralen Formen. Zugleich sind die Lehrstücke auf inhaltlicher Ebene herausfordernd und strittig. Sie beschäftigen sich mit (ethischen) Fragen wie: Ist es legitim, einen Genossen zu töten, um die politische Mission zu retten? Darf einem Individuum Hilfe verweigert werden, weil dieses sich nicht in eine Gemeinschaft integriert? Was bedeutet Einverständnis mit einer (politischen) Sache? Aber auch grundlegende Fragen wie: Was brauchen Menschen zum (guten) Leben? Was ist Gerechtigkeit?

In diesem Seminar werden wir unterschiedliche Lehrstücke Bertolt Brechts lesen und diskutieren. Darüber hinaus werden wir uns mit einer möglichen ‚Lehrstücktheorie‘ und ihren Implikationen beschäftigen. Schließlich werden wir den Einfluss der Lehrstückkonzeption auf ein post-Brecht’sches Theater in den Blick nehmen (beispielsweise bei Heiner Müller, Milo Rau oder Soeren Voima).