In der analytischen Tradition gilt die Analyse von Begriffen als die zentrale Arbeitsmethode der Philosophie. Klassische Begriffsanalysen nehmen u.a. an, dass (1) Begriffe die Struktur einer Definition mit notwendigen und hinreichenden Bedingungen haben (Laurence and Margolis 1999) und (2) dass die Angemessenheit einer Begriffsanalyse anhand realer und hypothetischer Fälle (Gedankenexperimenten) über die Anwendung des Begriffs getestet werden kann (Grice 1989). Ein Beispiel hierfür ist die Analyse von „Wissen“ als „wahre gerechtfertigte Meinung“ und der Test dieser Analyse anhand von sogenannten „Gettier-Fällen“.
Das Hauptseminar beschäftigt sich mit drei Gegenwartsströmungen der Philosophie, welche sich mit diesen und anderen Annahmen über Begriffe und Begriffsanalyse kritisch auseinandersetzen. Erstens behaupten Vertreter der experimentellen Philosophie, dass die Reaktion von Sprechern auf hypothetische Fälle von oberflächlichen Faktoren abhängt, und Gedankenexperimente deshalb kein verlässliches Mittel der Begriffsanalyse sind (Machery 2017).
Zweitens behaupten Wissenschaftsphilosophen, dass naturwissenschaftliche Begriffe wie „Gen“ in der Biologie oder „Kraft“ in der Physik keine feststehende und einheitliche Definition besitzen, sondern sich über die Zeit verändern und oftmals aus einem Patchwork lokaler Anwendungen bestehen (Feest 2010, Bursten 2016, Wilson 2018). In ähnlicher Weise argumentieren Philosophen der Psychologie dass kompetente Sprecher verschiedenartige Begriffe in verschiedenen mentalen Prozessen verwenden, ohne dass einheitliche Definitionen eine zentrale Rolle spielen (McCaffrey und Machery 2012).
Drittens plädieren Sprachphilosophen dafür, die klassische Begriffsanalyse durch die Methode des conceptual engineering zu ersetzen. Diese Methode versucht nicht Begriffe korrekt zu definieren, sondern semantische Defekte von Begriffen aufzudecken und gegebenfalls zu beheben. Dabei liegt der Fokus nicht selten auf gesellschaftlich relevanten Begriffen wie „gender“ oder „race“ (Haslanger 2000, 2005, Cappelen 2017, 2018).
Vor dem Hintergrund klassischer Positionen werden wir Primärtexte dieser drei Strömungen lesen und diskutieren ob sie (1) klassische Annahmen über Begriffe und Begriffsanalyse erfolgreich kritisieren und welche (2) alternativen philosophischen Modelle von Begriffen und deren Untersuchung sie anbieten. SeminarteilnehmerInnen sollten, wenn möglich, über Grundkenntnisse in Sprach- und Wissenschaftsphilosophie verfügen.
An diesem Seminar können insgesamt maximal 10 Bachelor- und Master of Education-Studierende teilnehmen. Für alle Studierenden, die regulär im fachw. Master Philosophie eingeschrieben sind, gilt keine Teilnehmerbegrenzung.
Diese Veranstaltung ist konzipiert für Masterstudierende im Fach Philosophie. Bachelor-Studierende der Philosophie oder andere Studierende können nur teilnehmen, wenn sie das Anmeldeverfahren durchlaufen und eine Zusage des Dozierenden bekommen haben. Zur Anmeldung senden Sie der Veranstalterin/dem Veranstalter eine E-Mail mit Angabe Ihres Namens, des Fachsemesters in dem Sie sein werden und mit einer Begründung, warum Sie an diesem Seminar teilnehmen wollen. Sie erhalten rechtzeitig Bescheid, ob Sie an der Veranstaltung teilnehmen dürfen.
Begriffe und Begriffsanalyse: Klassische Positionen
Margolis, and Laurence (1999). The Classical Theory of Concepts. In id. (Hg.) Concepts. Core Readings. Cambridge, MA: MIT Press, (pp. 8–27).
Grice, P. (1989). “Postwar Oxford Philosophy.” In id., Studies in the Way of Words. Cambridge: Harvard University Press. (pp. 171-180).
Gettier, E. (1963). Is Justified True Belief Knowledge? Analysis 23(6), 121–123.
Wissenschaftsphilosophie
Feest, U. (2010). Concepts as Tools in the Experimental Generation of Knowledge in Cognitive Neuropsychology. Spontaneous Generations 4(1), 173–190.
Bursten, J. (2016). Smaller than a Breadbox: Scale and Natural Kinds. British Journal for the Philosophy of Science. https://doi.org/10.1093/bjps/axw022
Wilson (2018). Pragmatics’ Place at the Table: Lessons from Multiscalar Science. in id. Physics Avoidance. Oxford: Clarendon Press (pp. 1–46)
McCaffrey and Machery (2012). Concepts in Philosophy and Psychology WIREs Cognitive Science 3, 265–279
Experimentelle Philosophie
Machery, E. (2017). Philosophy within its proper Bounds. Oxford: Oxford University Press.
Conceptual Engineering
Haslanger, S. (2000). Gender and race: (what) are they? (what) do we want them to be? Noûs 34 (1): 31–55.
Haslanger, S. (2005). What are we talking about? The semantics and politics of social kinds. Hypatia 20(4), 10–26.
Cappelen, H. (2017). Why Philosophers shouldn’t do Semantics. Reviews Philosophical Psychology. doi 10.1007/s13164-017-0340-9
Cappellen, H. (2018). Fixing Language. An Essay in Conceptual Engineering. Oxford: Oxford University Press.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Mi | 14-16 | X-E0-224 | 08.10.2018-01.02.2019
nicht am: 26.12.18 / 02.01.19 |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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26-HM_TP1_WP Hauptmodul TP1: Wissenschaftsphilosophie | Seminar 1 | Studienleistung
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Seminar 2 | Studienleistung
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26-HM_TP4_SP Hauptmodul TP4: Sprachphilosophie | Seminar 1 | Studienleistung
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Seminar 2 | Studienleistung
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- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
26-M-TP_GR Grundlagenmodul Theoretische Philosophie | Seminar 1 | Studienleistung
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Seminar 2 | Studienleistung
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- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
26-M-TP_VE Vertiefungsmodul Theoretische Philosophie | Seminar 1 | Studienleistung
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Seminar 2 | Studienleistung
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- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Im Masterstudiengang erfolgt der Erwerb von Leistungspunkten ausschließlich auf Modulebene.