In den 1960er Jahren zeichnete sich allmählich – mit etwa „minimal brain dysfunktion“ (MBD) oder „Psychoorganisches Syndroms“ (POS) – Diagnosen für vermeintlich hyperaktive Kinder und Jugendliche ab, die bis dahin in der medizinischen Literatur eher ein Randphänomen waren. Seit der dritten Version des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) begann sich dann in den 1980er Jahren „Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung“ (ADHS) für immer ähnliche Symptombeschreibungen wie „motorische Unruhe, mangelnde emotionale Impulskontrolle und Unaufmerksamkeit“ auf breiter Flur durchzusetzen. Dass es Medikamente gab, die ‚funktionierten‘, mag der sich allmählich etablierenden medizinischen Erklärung nicht geschadet haben: Amphetamine sowie das 1944 entwickelte und 1954 auf den Markt gekommene Methylphenidat, der Hauptwirkstoff des heutigen Ritalin. Nicht erst kürzlich ging die Diagnose mitunter mit der Sorge einer ‚Medikamentalisierung‘ von Kindern und Jugendlichen einher. Die Entwicklung der hyperkinetischen Störung ist geradezu ein Paradebeispiel für den Aufstieg der Psychologie und Psychiatrie, der auch vor der Pädagogik nicht haltmachte. Ende des 19. Jahrhunderts setzte mit der Etablierung von Hilfsklassen, Spezialheimen und dem Einzug von Schulärzten in Schulen eine ‚Psychologisierung‘ des Kindes ein, die in den 1970er Jahre in einem regelrechten „Psychoboom“ eine ganz neue Qualität erlangte. In dieser Hochphase bietet POS ein Fallbeispiel, sich diesen Entwicklungen zu nähern.
Das Seminar beschäftigt sich mit den epistemischen Voraussetzungen psychiatrischer Diagnosen, der Geschichtsschreibung der Krankheit ADHS und eruiert am historischen Fallbeispiel POS für die 1970er und 1980er Jahren, welche „Wirkung“ eine psychiatrische Diagnose in der Heilpädagogik entfaltete. Neben der Forschungsliteratur ergänzen Quellentexte aus den 1970er und 1980er Jahren zu POS aus den Bereichen Medizin, Psychologie sowie Sozial- und Heilpädagogik die Lektüre.
In dieser Veranstaltung findet ein Platzvergabeverfahren statt. Bitte informieren Sie sich hier über den Ablauf: https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/erziehungswissenschaft/studium-und-lehre/einrichtungen/bie/faq-stundenplan/
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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25-BE-IndiErg13 Inklusion | E2: Theorie und Geschichte der inklusiven Pädagogik, der Heil- und Sonderpädagogik | Studienleistung
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25-ISP1 Grundfragen der Sonderpädagogik und inklusiven Pädagogik | E2: Die Geschichte der Heil- und Sonderpädagogik unter besonderer Berücksichtigung des Förderschwerpunktes Lernen | Studienleistung
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25-ISP1_2 Grundfragen der Sonderpädagogik und inklusiven Pädagogik sowie der Heterogenität und individuellen Förderung | E2: Die Geschichte der Heil- und Sonderpädagogik unter besonderer Berücksichtigung des Förderschwerpunktes Lernen | Studienleistung
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Studieninformation |
25-UFP3 Werte und Ziele in Erziehung und Bildung | E1: Geschichte/Klassiker der Pädagogik | Studienleistung
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Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: