„Der Gesellschaftsvertrag in modernen Gesellschaften verwirklicht sich vermittels der Strukturen und Mechanismen der Versicherung.
Oder besser gesagt, die Gesellschaften treten in die Moderne ein, sobald die Versicherung gesellschaftlich wird, sobald der Gesellschaftsvertrag die Form eines Versicherungsvertrags annimmt.
Die Versicherung konstituiert den realen Kern der modernen Gesellschaften“ (Ewald 1989: 385).
In allgemeineren soziologischen Debatten hat der Gegenstand Versicherung bisher nicht annähernd die Beachtung gefunden, die der hier von Ewald postulierten gesellschaftlichen Bedeutung entspräche. An seiner Aussage lässt sich gewiss die übliche Tendenz ablesen, dem eigenen Thema höchstes Gewicht zuzusprechen. Nichtsdestotrotz bietet Ewalds Generalisierung für dieses Seminar einen willkommenen Anlass, um nach möglichst umfassenden Konzepten und theoretischen Verortungsmöglichkeiten für eine Soziologie der Versicherung zu fragen.
Das Seminar vermittelt einen Überblick über den Stand der soziologischen Forschung zu Versicherungen. Darüber hinaus zielt es darauf ab, Strukturen von Privat- und von Sozialversicherungen begrifflich zusammenzufassen, statt – wie üblich – ihre Differenz in Gegenüberstellungen von Markt und Demokratie, Wirtschaft und Politik, Individualisierung und Solidarisierung zu manifestieren. Dabei werden Überlegungen zur Diskussion gestellt, die versuchen, die bisher über Spezialistenzirkel und diverse Bindestrichsoziologien (Wissenschaft, Wirtschaft, Politik) verstreute soziologische Versicherungsforschung theoretisch zu integrieren und zu generalisieren. Die zentrale Frage des Seminars lautet also: Was ist das Gemeinsame der Versicherung?
Zum Ablauf: Wir beginnen mit einer Einführung in gängige Kontrastierungen privater und gesetzlicher Versicherungsorganisationen. Anschließend besprechen wir einerseits gesellschaftstheoretische Ansätze, die auf Leistungen von Versicherungen abstellen (beispielsweise Tönnies 1917), andererseits widmen wir uns Arbeiten, die Versicherungen explizit als Organisationen konzipieren (wie zum Beispiel Luhmann 1996). Auf dieser Grundlage diskutieren wir schließlich einige empirische Studien zu Privat- und Sozialversicherungen und erproben dabei die Anwendung alternativer soziologischer Konzepte.
Ewald, F., 1989: Die Versicherungs-Gesellschaft. Kritische Justiz 22: 385–393.
Luhmann, N., 1996: Das Risiko der Versicherung gegen Gefahren. Soziale Welt 47: 273–283.
Tönnies, F., 1917: Das Versicherungswesen in soziologischer Betrachtung. Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft. 17: 603-624.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Studieren ab 50 |
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