Ausgehend von einem generellen Bewusstsein für den Umgang mit Behinderung in vergangenen Zeiten und Kulturen, sollen orientiert am Stufenmodell von Sander (2004; 2008) im historischen Rückbezug wichtige Grundlage gemeinsam erarbeitet werden, um das bestehende deutsche (Sonder-)schulsystem und die aktuelle Diskussion um die Verortung sonderpädagogischer Profession innerhalb inklusiver Schulentwicklung nachhaltiger verstehen zu können. Vereinfacht könnte man daher auch fragen: „Warum gibt es überhaupt Sonderschulen? Oder allgemeiner gesagt: „Warum gibt es eigentliche eine spezielle „Sonder“-Pädagogik?“ Es wird daher in diesem Seminar auch um eine Klärung des Verhältnisses von Regel- zu Sonderschule bzw. Allgemeiner zu Sonderpädagogik gehen. Dies soll einerseits entlang der Entstehung und Entwicklung einer institutionalisierten Heil- und Sonderpädagogik geschehen. Andererseits sollen immer wieder führende Akteure ihrer Zeit anhand von Originalquellen zu Wort kommen, um ihre Motive, Argumente und Perspektiven kennen zu lernen und kritisch zu diskutieren. Neben der Beschreibung und Auseinandersetzung mit den Arbeiten und Institutionen der Pioniere eines Unterrichts für „Blinden“, „Taubstummen“, „Krüppeln“ oder „Idioten“, soll ein besonderer Fokus auf der sogenannten „Hilfsschulbewegung“ liegen. Anders als bei der „älteren Heilpädagogik“ (Bleidick 1999), welche durch Schaffung eigener separierender Institutionen Exklusion im Sinne eines Ausschluss von Bildung überhaupt erst überwinden konnten, wurde durch die neue Institution der Hilfsschule, durch Abspaltung von der Volksschule und dem sich etablierenden Berufsstand der Hilfsschullehrer, erst eine neue Kategorie „lernbehinderter“ Schülerinnen und Schüler geschaffen (vgl. Werning & Lütje-Klose 2012). Die Auswirkungen dieses deutschen Sonder-weges auch in der Phase des massiven Ausbaus des Sonderschulsystems nach dem zweiten Weltkrieg sollen dabei bis in die heutige Zeit verfolgt und mit Blick auf ein sonderpädagogisches Professionsverständnis kritisch hinterfragt werden. Dies erfordert auch die bei Sander (2004) als Zielperspektive beschriebene Entwicklung von der Separation zur Integration bzw. Inklusion in ihren wesentlichen Wegmarken nachzuzeichnen. Angefangen mit der Empfehlung des Deutschen Bildungsrates von 1974 und den ersten integrativen Schulversuchen in den 1980er Jahren über ein verändertes Verständnis sonderpädagogischen Förderbedarfs ab den 1990er Jahren hinzu aktuellen schulpolitischen Bestrebungen zu ei-nem inklusiven Schulsystem, sollen diese Veränderungen, auch in ihrer Parallelität und Widersprüchlichkeiten zu einem weiteren Ausbau des Sonderschulsystem, aufgezeigt und diskutiert werden. Es gilt abschließend zu fragen „Quo vadis Sonderpädagogik?“ Wie kann oder muss die schulische Sonderpädagogik vor dem Hintergrund ihrer geschichtlichen Ent-wicklungslinie in einer zukünftig veränderten Bildungslandschaft ihre Rolle neu bestimmen? Welche Lehren können aus dem geschichtlichen Umgang mit Behinderung für diese schulischen wie auch gesellschaftlichen Veränderungsprozesse gezogen werden? Diese sicherlich auch im Fachdiskurs noch offenen Fragen gilt es demnach perspektivisch zu diskutieren.
In dieser Veranstaltung findet ein Platzvergabeverfahren statt. Bitte informieren Sie sich hier über den Ablauf: http://www.uni-bielefeld.de/erziehungswissenschaft/bie/faq.html
Vorheriger Besuch der Vorlesung "Einführung in die Sonderpädagogik und inklusive Pädagogik" (gilt nur für Studierende des Lehramtes G+ISP bzw. HRGe+ISP)
Empfehlenswert ist auch der vorherige oder parallele Besuch eines Seminars zu "Grundfragen der Inklusiven Pädagogik und Sonderpädagogik" (ISP1-E1).
Umfassende Literaturhinweise werden zu Semesterbeginn bekannt gegeben.
Materialien werden auch im Lernraum der Veranstaltung bereitgestellt werden.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Mo | 16-18 | ONLINE | 02.11.2020-12.02.2021 |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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25-BE-IndiErg13 Inklusion | E2: Theorie und Geschichte der inklusiven Pädagogik, der Heil- und Sonderpädagogik | Studienleistung
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Studieninformation |
25-ISP1 Grundfragen der Sonderpädagogik und inklusiven Pädagogik | E2: Die Geschichte der Heil- und Sonderpädagogik unter besonderer Berücksichtigung des Förderschwerpunktes Lernen | Studienleistung
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Studieninformation |
25-ISP1_2 Grundfragen der Sonderpädagogik und inklusiven Pädagogik sowie der Heterogenität und individuellen Förderung | E2: Die Geschichte der Heil- und Sonderpädagogik unter besonderer Berücksichtigung des Förderschwerpunktes Lernen | Studienleistung
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Studieninformation |
25-UFP3 Werte und Ziele in Erziehung und Bildung | E1: Geschichte/Klassiker der Pädagogik | Studienleistung
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Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Studieren ab 50 |
Es wird eine regelmäßige und aktive Teilnahme an den unterschiedlichen teilnehmerorientierten Arbeitsformen (kooperative Gruppenarbeiten, Diskussionen, Kurzpräsentationen etc.) erwartet.
Daneben ist die Entwicklung einer eigenen offenen Fragestellung zu Beginn des Seminars sowie deren dokumentierter Bearbeitung im Verlauf des Semesters und abschließenden Präsentation Bestandteil der Leitungsanforderungen. Ebenso ist eine schriftlichen Quelleninterpretation anzufertigen.
Nähere Informationen hierzu erhalten Sie in der ersten Sitzung.