„Alle menschliche Kommunikation verläuft unter normativ gesetzten Prämissen“. Sie setzt Erwartungsstrukturen voraus, die auch dann gelten, wenn im Einzelfall gegen sie verstoßen wird (Luhmann 1980: Ökologische Kommunikation). Aber wie stabilisieren sich Normen als Recht und als Organisationsnormen in einer Gesellschaft? Was passiert, wenn gegen rechtliche, gesellschaftliche oder organisatorische Normen verstoßen wird, und welchem historischen Wandel unterliegen mögliche Sanktionen? Wie haben sich also rechtliche und organisatorische Normen in historischer Perspektive entwickelt oder verändert? Und welche gesellschaftlichen, rechtlichen und organisatorischen Strukturprobleme sind als (Neben-)Folgen solcher Veränderungen beobachtbar?
Universelle Antworten wird man zu diesen Fragen weder aus einer historischen Perspektive noch seitens einer soziologischen Theorie, die Gesellschaften als “systemisch gespalten” – genauer gesagt: als „funktional differenziert“ betrachtet –, erwarten können. Für die Bearbeitung dieser Fragen ist es daher unausweichlich, sich auf die Spurensuche nach den Bedingungen, Mechanismen und (Struktur-)folgen spezifischer (also gesellschaftlicher, rechtlicher und organisatorischer) Normlogiken zu begeben. Diese historisch für den Zeitraum von 1450 bis in die Gegenwart und sozialtheoretisch, insbesondere systemtheoretisch, zu erarbeiten und zu diskutieren wird Gegenstand des Doppelseminars sein.
Im Mittelpunkt des Interesses werden die rechtlichen Prozesse an der Schnittstelle von Organisation und Gesellschaft stehen. Zugrunde liegt die systemtheoretische Vorstellung der Gesellschaft als umfassendes Sozialsystem, das alle soziale Kommunikation umfasst – sei es in Form von Face-to-Face-Interaktionen, im Rahmen von Mitgliedsrollen in Organisationen wie Unternehmen, Verwaltungen, Universitäten oder Krankenhäuser oder in funktionssystemspezifischer Kommunikation, wie in der Kommunikation von Rechtserwartungen. In welcher Weise ein solches systemtheoretisches „Theorielayout“ auch in empirisch ausgerichteten historischen Arbeiten angewendet werden kann, wird ebenfalls diskutiert werden.
Insgesamt verfolgt das Seminar zwei Ziele: Erstens bietet es eine kombinierte, interdisziplinäre Einführung zu Forschungsfragen und Theorieangeboten aus der Soziologie und der Geschichtswissenschaft zum Bereich „Gesellschaft, Recht und Organisation“. Empirische Anregungen werden zweitens aus der Textarbeit und der Diskussion historischer Fallstudien und Beobachtungen gewonnen, die einen anschaulichen Zugang zum Verständnis sowie zur (Re-)Formulierung rechts- und organisationssoziologisch Konzepte und Prämissen eröffnen.
Im Rahmen des Doppelseminars besteht für Studierende die Möglichkeit ihre Abschlussarbeiten in Geschichtswissenschaft und Soziologie zu entwickeln und zu diskutieren. Wir ermutigen Studierende, die in der Endphase ihres Studiums sind, dazu dieses Seminar zu besuchen, um der Erarbeitung ihres Themas einen Rahmen zu geben.
Das Doppelseminar ist geöffnet für
- Master Geschichtswissenschaft, Theoriemodul oder (2-stündig) andere Module, nach Vereinbarung,
- Master Soziologie Modul „Organisationssoziologie“ und Modul „Soziologische Theorie“,
- Master Politische Kommunikation,
- BGHS.
Die Veranstaltung muss jeweils komplett in beiden Teilen besucht werden (Teil 1 und 2). Das Seminar wird sehr arbeitsintensiv mit hohen Lektüreanforderungen für die jeweiligen Sitzungen. In den Sitzungen wird teilweise mit Quellen gearbeitet. Wir erwarten, dass die Texte zur jeweiligen Sitzung gelesen werden. Jede unserer Sitzung beinhaltet den Umgang mit Text und die Diskussion dieser Texte! Die Lektüre um-fasst in der Regel rund 20-30 Seiten, d.h. für das Doppelseminar sind pro Woche ca. 50-60 Seiten Texten vorzubereiten. Wir ermutigen Sie, die Texte ruhig schon in Kleingruppen zur jeden Sitzung vorzubereiten.
Studierende aus der Geschichtswissenschaft, die die Seminare als Theoriemodul belegen, müssen als Prüfungsleistung nach Abschluss des Semesters eine mündliche Modulprüfung ablegen. Fachwissenschaftliche Masterstudierende, die die Seminare für andere Module angerechnet haben wollen, können als Prüfungsleistung eine Hausarbeit erstellen. Ihnen können aber – obwohl sie zwingend beide Teile der Veranstaltung besuchen müssen – nur 2 SWS angerechnet werden.
Studierende der Soziologie können im Seminar eine Hausarbeit schreiben. Sie sollten dafür möglichst bis zu den Weihnachtsferien eine erste Idee entwickeln und müssen in einer der beiden letzten Sitzungen ein Exposé vorstellen (siehe zu Exposés oder Sechszeilern http://www.uni-bielefeld.de/soz/forschung/orgsoz/wap.html).
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
---|
Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
---|---|---|---|
22-M-4.1 Theoriemodul | Interdisziplinäres Theorieseminar | benotete Prüfungsleistung
|
Studieninformation |
30-M-Soz-M6a Organisationssoziologie a | Seminar 1 | Studienleistung
|
Studieninformation |
Seminar 2 | Studienleistung
|
Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-M-Soz-M6b Organisationssoziologie b | Seminar 1 | Studienleistung
|
Studieninformation |
Seminar 2 | Studienleistung
|
Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-M-Soz-M6c Organisationssoziologie c | Seminar 1 | Studienleistung
|
Studieninformation |
Seminar 2 | Studienleistung
|
Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Geschichtswissenschaft / Master | (Einschreibung bis SoSe 2012) | Mastermodul 4.1 | 7.5 | Interdisziplinäres Theorieseminar (S) | |||
Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2008) | H.S.2; H.S.3 |
Allgemeine Tipps zu Studientechniken und Lernmethoden finden Sie in einer Anleitung von der Zentralen Studienberatung der Universität Bielefeld (ZSB):
http://www.uni-bielefeld.de/Universitaet/Einrichtungen/ZSB/Studientechniken.pdf
Weitere Hinweise über inhaltliche, sprachliche und formale Anforderungen beim wissenschaftlichen Arbeiten im Rahmen der Veranstaltungen des Arbeitsbereichs III: Organisationen finden Sie unter: http://www.uni-bielefeld.de/soz/forschung/orgsoz/wap.html
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: