Die Beziehung von Nationalstaat und Globalisierung gehört zu den umstrittensten Fragen der Gegenwartssoziologie: Ist der Nationalstaat ein Opfer der Globalisierung? Erodiert er unter dem Einfluss von globalen Finanzmärkten, internationalen Organisationen oder regionaler, z.B. europäischer Integration? Diese Sichtweise wird in der soziologischen Globalisierungsliteratur häufig vertreten. Aus einer historischen Perspektive kann man es aber auch genau umgekehrt sehen. Denn dass der moderne Nationalstaat im 19. Jahrhundert erst entsteht und sich in etwa zweihundert Jahren weltweit verbreitet, weist ihn eher als Produkt von Globalisierungsprozessen aus. In dem Seminar wollen wir versuchen, diese Perspektiven aufeinander zu beziehen und aneinander zu schärfen: Wie kann es sein, dass 'der Nationalstaat' sowohl als Produkt wie auch als Opfer 'der Globalisierung' gesehen wird? Ist es überhaupt sinnvoll, pauschal von 'dem Nationalstaat' und 'der Globalisierung' zu sprechen? Was spricht für die eine, was für die andere Sichtweise? Widersprechen sie sich notwendig oder könnten sie sich auch verknüpfen und in einer übergreifenden Perspektive ‚aufheben’ lassen?
Um solche Fragen zu formulieren und zu diskutieren, lesen wir zu etwa gleichen Anteilen soziologisch-theoretische und historisch-empirische Literatur. In theoretischer Hinsicht liegt der Schwerpunkt auf soziologischen Theorien der Weltgesellschaft, die – im Gegensatz zu anderen Globalisierungstheorien – annehmen, dass es eine globale Ordnung, ‚die Weltgesellschaft’, gibt, die gleichsam von oben auf lokale Strukturen einwirken kann. Die Hauptziele des Seminars sind: es soll in den Stand der Diskussion zu einem der zentralen Probleme der heutigen Globalisierungsforschung einführen; es soll die Fähigkeit einüben, soziologische und historische Fragestellungen miteinander zu verknüpfen; es soll Gelegenheit zur Diskussion geben, was soziologische Theorien der Weltgesellschaft ausmacht und von anderen Ansätzen der Globalisierungsforschung unterscheidet.
Keine; Kenntnisse zu soziologischer Globalisierungsliteratur und/oder Theorien der Weltgesellschaft sind hilfreich.
Meyer, John W.: Der sich wandelnde kulturelle Gehalt des Nationalstaats, in: John W. Meyer: Weltkultur. Wie die westlichen Prinzipien die Welt durchdringen, Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2005, S. 133-162
Sassen, Saskia: Zur Einbettung des Globalisierungsprozesses: Der Nationalstaat vor neuen Aufgaben, Berliner Journal für Soziologie 8 (1998), S. 345-357
Smith, Anthony D.: The supersession of Nationalism?, International Journal of Comparative Sociology 31 (1990), S. 1-31
Stichweh, Rudolf: Nation und Weltgesellschaft, in: Ders.: Die Weltgesellschaft, Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2000, S. 48-65
Wimmer, Andreas/Nina Glick-Schiller: Methodological Nationalism and beyond: Nation-state building, migration and the social sciences, Global Networks 2 (2002), S. 301-334
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Frauenstudien | (Einschreibung bis SoSe 2015) | Schwerpunkt II | |||||
Interamerikanische Studien / Master | (Einschreibung bis SoSe 2012) | MaIAS10; MaIAS11 | 4/8 | ||||
Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2008) | H.S.1 | |||||
Politische Kommunikation / Master | (Einschreibung bis SoSe 2013) | 3.1 | Wahl | 3 | (bei Einzelleistung 2 LP zusätzlich) | ||
Soziologie / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2005) | 2.1.2; 2.1.3 | Wahl | HS | |||
Soziologie / Master | (Einschreibung bis SoSe 2012) | Modul 4.1; Modul 6.1; Modul 6.2; Modul 6.3 | Wahl | 3 | (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich) |
Aktive Teilnahme: Es gibt keine Referate; statt dessen sollen vor den Terminen Fragen im Forum des Seminars (StudIP) bereitgestellt werden, die Interpretationsprobleme oder weiterführende Fragen des Textes aufgreifen.
Einzelleistung: Hausarbeit (Abgabe Ende September 2012)