300021 Einführung in die politische Anthropologie: Arenen, Macht, sozialer Wandel (S) (SoSe 2010)

Inhalt, Kommentar

Die Veranstaltung „Einführung in die Politikanthropologie: Arenen, Macht, Rhetorik“ eröffnet den Zugang zu einem der zentralen Teilbereiche der Sozialanthropologie, und behandelt in erster Linie empirisches Material zu außereuropäischen Gesellschaften.
Während die frühe Politikanthropologie sich in erster Linie mit den Institutionen und Organisationsformen so genannter „primitiver Völker“ befasste, oft mit dem Ziel funktionalistischer Erklärung und evolutionärer Einordnung, geht es in dieser Veranstaltung eher um anthropologische Grundprobleme, um Fragen, die sich zu jeder Zeit und an jedem Ort stellen lassen:
Was meinen wir eigentlich mit „politischem Handeln“? Wie kommt es überhaupt dazu, dass Menschen Anführern folgen? Was ist das Verhältnissen von Individuen zu Kollektiv-Akteuren? Wie schaffen es Akteure, eine Situation zu definieren? Welchen Einfluss hat Kultur auf derartige Prozesse, und inwiefern sind die Regeln des politischen Spiels universell?
Vor allem in kolonialen Kontexten erschienen noch Fragen zur Organisation „staatenloser“ Gruppen (wie beim klassischen Fall der Nuer) besonders drängend. Aus diesen Bemühungen erwuchsen zahlreiche einschlägige, theoretisch wie empirisch bedeutsame Studien zum Staat und seiner Entstehung, oder generell sozialem Wandel. Parallel dazu entstand aber auch eine in dieser Veranstaltung im Vordergrund stehende Politikanthropologie, die sich eher der Problematik politischen Handelns widmete, und damit Konzepte wie Macht und Widerstand, Moral und soziale Kontrolle, Gleichheit und Ungleichheit, der Rolle von Kultur und Symbolik, Konflikt und Gewalt, und die Spielregeln der politischen „Arena“ als ihr eigentliches Thema nahm. Die Vertreter dieser Richtung interessierten sich v.a. für das manipulative, symbolische, aber auch spielerisch-kompetitive Verhalten von Menschen in seiner ganzen prozessualen Komplexität. Dies schlägt sich auch in den von ihnen hauptsächlich unternommenen Fallstudien nieder, die oft sehr detailliert die Aushandlungen von Konflikten aufarbeiten. Dem Sprechen und Überzeugen, aber auch der Performanz in all ihren kulturellen Variationen, kommt hier eine besonders hohe Bedeutung zu, was in dieser Veranstaltung mit der Rubrik „Rhetorik“ bezeichnet wird (siehe z.B. Meyer 2005).
Mit diesem Schwerpunkt lehnt sich die Veranstaltung auch philosophischen Überlegungen über die Natur des Menschen und seinem sozialen Dasein an – wann ist der Mensch ein homo politicus, der stets nach Macht strebt, ein homo oeconomicus, der mit knappen Mitteln optimal kalkuliert, wann ein sich an Rang und Status orientierender homo hierarchicus,und wann ein dem steten Wettkampf verfallener homo ludens? Wie bedeutsam sind rationale Entscheidungsfindung, spieltheoretische Regeln, Zugang zu Ressourcen, Emotionen, rituelle Regeln, oder die Makrostruktur einer Gesellschaft für tatsächliche Interaktion?
Bei der Verfolgung dieser und ähnlicher Fragen werden in der Veranstaltung einige der wichtigsten politikanthropologischen Ansätze im Überblick und vergleichend diskutiert. Dadurch soll eine Grundlage für weitere Seminare sowohl im Bereich der Sozialanthropologie als auch anderen Bereichen der Soziologie gelegt werden. Die Veranstaltung richtet sich an Studierende in frühen Semestern, die an somit den Arbeitsbereich Sozialanthropologie mit seinen speziellen Problemstellungen herangeführt werden. Studierende lernen in Ergänzung zum disziplinären Soziologiestudium einige speziell sozialanthropologische Herangehensweisen kennen, um ihre Reflexionsfähigkeit und das eigene Spektrum theoretischer und methodischer Zugänge zu erweitern.

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Regelmäßige Lektüre ist die Grundlage der gemeinsamen Arbeit während der Seminarsitzungen. Fähigkeit und Bereitschaft zur Lektüre englischsprachiger Texte wird ständig verlangt. Empfohlen ab dem 3. Semester.

Literaturangaben

Vincent, Joan 1978: Manipulative strategies. Annual Review of Anthropology 7: 175-194
Vincent, Joan 2002: The anthropology of politics. A reader in ethnography, theory, and critique. Malden: Blackwell.
Lewellen, Ted 1983: Political anthropology. An introduction. South Hadley: Bergin & Garvey.
Kramer, Fritz und Christian Sigrist (Hgs.) 1983: Gesellschaften ohne Staat. Gleichheit und Gegenseitigkeit. Frankfurt: Syndikat.
Bailey, FG 1969: Stratagems and spoils. A social anthropology of politics. Oxford: Blackwell.
Meyer, Christian 2005: „Mahnen, Prahlen, Drohen...“. Rhetorik und politische Organisation amerikanischer Indianer. Frankfurt/Main: IKO.

Lehrende

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Fachzuordnungen

Studiengang/-angebot Gültigkeit Variante Untergliederung Status Sem. LP  
Frauenstudien (Einschreibung bis SoSe 2015)    
Politikwissenschaft / Bachelor (Einschreibung bis SoSe 2009) 3.3a Wahl  
Soziologie / Bachelor (Einschreibung bis SoSe 2008) vNF: Modul C Wahl 3 (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich)  
Soziologie / Bachelor (Einschreibung bis SoSe 2011) Kernfach VN Wahl 2 (bei Einzelleistung 2 LP zusätzlich)  
Soziologie / Diplom (Einschreibung bis SoSe 2005) 2.4.7 Wahl HS
Studieren ab 50    
Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler    

Die Anforderung an die „Aktive Teilnahme“ ist gründliche, vorbereitende Lektüre der angegeben Texte, Beteiligung an Diskussionen und dem Veranstaltungsblog. 3 LPs können erworben werden für die Gesamtleistung von aktiver Teilnahme, zwei Exzerpten, und einem Essay.
Weitere 2 LP können für eine Hausarbeit erworben werden, wahlweise für ein Referat mit schriftlicher Ausarbeitung.

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Reichweite:
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Hinweise:
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Letzte Änderung Grunddaten/Lehrende:
Freitag, 11. Dezember 2015 
Letzte Änderung Zeiten:
Donnerstag, 26. September 2013 
Letzte Änderung Räume:
Dienstag, 23. Februar 2010 
Art(en) / SWS
Seminar (S) / 2
Einrichtung
Fakultät für Soziologie
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