Die geschlechtergeschichtliche Interpretation von Quellen, die ausdrücklich Weiblichkeit oder Männlichkeit zum Thema haben, bereitet im allgemeinen keine größeren Schwierigkeiten. Wie sieht es jedoch mit Quellen aus, die die Kategorie Geschlecht weniger offensichtlich thematisieren? (Wie) lassen sich solche Texte geschlechtergeschichtlich interpretieren? Diese Frage stellt sich in zunehmendem Maße, seitdem sich die Frauen- zur Geschlechtergeschichte erweitert hat und davon ausgeht, daß die Kategorie Geschlecht ein zentrales Struktur- und Ordnungsmerkmal von Gesellschaft ist, das folglich überall aufscheinen müsse - auch dort, wo es vordergründig nicht thematisiert wird. Die Problematik des "überall und nirgends" stellt sich insbesondere für die historische Erforschung von Männlichkeit, die im Gegensatz zu Weiblichkeit deutlich weniger explizit in den Quellen thematisiert wird, da sie als das Normale gilt, während Frauen als das "andere Geschlecht" häufiger zum Gegenstand ausführlicher Erörterungen werden. Die Übung wird sich mit unterschiedlichen Quellentypen (z.B. Tagebücher, Autobiographien, Gerichtsakten, Interviews, Bilder, Fotos, Gesetzestexte, Parlamentsdebatten, Statistiken) des 18. bis 20. Jahrhunderts beschäftigen, die Geschlecht mehr oder weniger explizit thematisieren, und die genannten Probleme in der praktischen Anwendung zu lösen versuchen. Anregungen und Wünsche der Studierenden bezüglich bestimmter Quellen oder Themen werden dabei berücksichtigt. Ergänzend lesen wir Theorie- und Methodentexte, die sich mit der genannten Problematik auseinandersetzen und in Forschungs- und Methodenfragen der Geschlechtergeschichte einführen.
Anne Conrad, Kerstin Michalik (Hrsg.), Quellen zur Geschichte der Frauen. Bd. 3 Neuzeit, Stuttgart 1999; John Tosh, Was soll die Geschichtswissenschaft mit Männlichkeit anfangen? Betrachtungen zum 19. Jahrhundert in Großbritannien, in: Christoph Conrad, Martina Kessel (Hrsg.), Kultur und Geschichte. Neue Einblicke in eine alte Beziehung, Stuttgart 1998, 160-206; Joan Scott, Von der Frauen- zur Geschlechtergeschichte, in: Hanna Schissler (Hrsg.), Geschlechterverhältnisse im historischen Wandel, Frankfurt/Main 1993, S. 37-58; Martina Kessel, Gabriela Signori, Geschichtswissenschaft, in: Christina von Braun, Inge Stephan (Hrsg.), Gender Studien. Eine Einführung, Tübingen 2000, S. 119-129.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum | |
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wöchentlich | Di | 14-16 | S 2 - 121 |
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Geschichte / Lehramt Sekundarstufe I | |||||||
Geschichte / Lehramt Sekundarstufe II | |||||||
Geschichtswissenschaft (Hauptfach) / Magister | |||||||
Geschichtswissenschaft (Nebenfach) / Magister |