300734 Mediatisierte Präsenzkulturen (S) (WiSe 2023/2024)

Etymologisch vom lateinischen Praesentia [Gegenwart] abgeleitet, bezeichnet Präsenz in einem phänomenologischen Zugriff entweder die zeitlich definierte unmittelbare Verfügbarkeit (Gegenwart) oder ihr räumlich definiertes Pendant (Anwesenheit). Bei einer Übereinstimmung von Gleichzeitigkeit und Gleichörtigkeit sind die Bedingungen erfüllt, die an den Begriff der Kopräsenz in der Tradition der phänomenologischen Soziologie (Schütz) und Interaktionstheorie (Goffman, Luhmann, Kieserling) angelegt werden. Was als gleichzeitig bzw. gleichörtig gilt, wird demnach von den Körpern der menschlichen Partizipierenden sozialer Situationen und deren Position im physischen Raum abgeleitet. Mit dem Aufkommen elektronischer bzw. digitaler Technologien haben sich jedoch die raum-zeitlichen Koordinaten unseres sozialen Daseins längst verändert. Handys, Smartphones und Tablets bilden Schnittstellen der Vervielfältigung sozialer Situationen und Präsenzerwartungen. Man ist gleichzeitig hier, dort und anderswo und hat doch keinen Begriff, weder für diese eigentümlichen Formen der entkoppelten bzw. hybriden Präsenz, noch für die „Hyperorte“, an denen das Dasein transzendiert. In diesem Seminar zeichnen wir einen jüngeren soziologischen Diskurs zum Begriff der Kopräsenz im Zeitalter der Digitalisierung nach und konfrontieren diesen mit ausgewählten Klassikern der Mikrosoziologie. Schließlich werden wir uns in Form kleinerer Beobachtungseinheiten in eigener Anschauung mit den Präsenzkulturen auseinandersetzen, die unsere Zeit prägen.