Mit Blick auf die Verbrechen der Nationalsozialisten entwickelte der Rechtsanwalt Raphael Lemkin 1943 einen neuen Begriff, mit dem er bezeichnete, was er nicht in überkommene Worte fassen konnte: „Genozid“. Der Begriff bestimmt in den Medien, in Politik und Wissenschaft in den letzten Jahrzehnten zunehmend die Diskussionen um Völkermord und vergleichbare Gewaltexzesse. Genozidforschung hat sich zu einem eigenständigen Forschungsgebiet mit eigenständigen Zeitschriften entwickelt. Die meisten Wissenschaftler betonen, Genozid sei ein modernes Phänomen, weil er im modernen Spannungsverhältnis von Entwicklung des Völkerrechts und Massenmord entstanden sei.
Der Grundkurs führt im WS 2011 in theoretische Konzepte der Gewalt- und Genozidforschung ein und geht der Frage nach, welche vergleichbaren Formen des Völker- oder Massenmords sich in der Vormoderne entwickelt haben, welche rechtlichen Fragen diskutiert wurden, welcher Umgang mit Vielfalt oder Fremden gerade in den europäischen Kolonialreichen zu Gewaltausbrüchen führte.
Im SoSe 2012 wird der Schwerpunkt auf Völker- und Massenmorde des 19. und 20. Jahrhunderts gelegt. Im Zuge der Durchsetzung des Nationalstaates werden aber auch andere Formen der Homogenisierung der Bevölkerung diskutiert, wie forcierte Assimilation und das Konzept des Ethnozids. Semesterübergreifend wird großen Wert gelegt auf die Beschäftigung mit grundlegenden Arbeitsweisen und Fertigkeiten der Geschichtswissenschaft.
Die Teilnahme am begleitenden Tutorium ist verpflichtend.
Studierende in der neuen Studienstruktur (Einschreibung ab WS 11/12) belegen als "Historische Orientierung" verpflichtend die Übung "Einführung in historische Gewaltforschung" (Rehm, Kemner, Belegnr. 220037). Allen Anderen ist die Teilnahme dringend empfohlen.
Fortsetzung aus dem WS, keine Neuaufnahmen möglich.
Andreopoulos, George J. (Hg.), Genocide. Conceptual and Historical Dimensions, Philadelphia 1994.
Barth, Boris, Völkermord im 20. Jahrhundert. Geschichte, Theorien, Kontroversen
München 2006.
Gellatrely, Robert; Ben Kiernan (Hg.), The Specter of Genocide. Mass Murder in Historical Perspective, Cambridge 2003.
Kundrus, Birthe; Strotbek, Henning, “Genozid“. Grenzen und Möglichkeiten eines Forschungsbegriffs – ein Literaturbericht, in: Neue Politische Literatur 51 (2006), S. 397-423.
Moses, A. Dirk: Empire, Colony, Genocide. Conquest, Occupation and Subaltern Resistance in World History, New York – Oxford 2008.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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22-1.2 Grundmodul Mittelalter/ Frühe Neuzeit - Moderne | Grundkurs Mittelalter/Frühe Neuzeit - Moderne | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung unbenotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
Tutorium zum Grundkurs | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Geschichtswissenschaft / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | Modul 1.3 | Pflicht | 8 | scheinfähig | |
Geschichtswissenschaft (G) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | Modul 1.3 | Pflicht | 8 | scheinfähig | ||
Geschichtswissenschaft (Gym/Ge) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | Modul 1.3 | Pflicht | 8 | scheinfähig | ||
Geschichtswissenschaft (HR) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | Modul 1.3 | Pflicht | 8 | scheinfähig |
Neben der regelmäßigen und aktiven Teilnahme am Grundkurs und am Tutorium wird pro Semester ein Kurzreferat vorausgesetzt. Im WS Semester wird zusätzlich eine kritische schriftliche Auseinandersetzung mit einer Forschungsposition erwartet, im SoSe eine quellenorientierte Hausarbeit (Umfang 10-12 Seiten).