HINWEIS
Das Seminar Macht, Missbrauch, Aufarbeitung (Lehrveranstaltung) findet alle 14 Tage im Wechsel mit dem Seminar Soziologie der Demokratie: Verfahren, Organisation, gesellschaftliche Differenzierung (Belegnummer 300350) statt, damit auf Wunsch beide Veranstaltungen besucht werden können. Bitte beachten Sie, dass beide am 08.04.2024 beginnen, jedoch einmalig zeitlich versetzt.
SEMINARBESCHREIBUNG
Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, die 2016 ihre Tätigkeit aufnahm, arbeitet nach dem Motto „Geschichten, die zählen“. Es handelt es sich um Geschichten, die das Ausmaß, Art und Folgen der sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in der Bundesrepublik Deutschland und (bis 1990) der Deutschen Demokratischen Republik annäherungsweise begreiflich zu machen suchen. Sie machen zugleich darauf aufmerksam, dass Misshandlungen, die (junge) Menschen über Jahrzehnte in „katholischen Dunkelräumen“ (Birgit Aschmann), in evangelischen Pendants, in Kuraufenthalten, in der Filmindustrie oder im Leistungssport erlitten, zunehmend ein Thema öffentlicher Kommunikation geworden sind.
In unserem Seminar befassen wir uns aus organisationssoziologischen Blickwinkeln damit, wie sich Missbrauch ereignet und Beteiligte wie auch Dritte darüber schweigen und sprechen. Dabei soll zum einen ein besonderes Augenmerk darauf liegen, dass das öffentliche Sprechen vielfach mit dem Konzept der Aufarbeitung verknüpft ist. Zum anderen gehen wir der Frage nach, wie sowohl Missbrauchsfälle als auch Aufarbeitungsformen durch Machtfigurationen geprägt sind.
Es ist keinesfalls selbstverständlich, sich hier zudem organisationssoziologischer Perspektiven zu bedienen, sondern begründungsbedürftig. Dass in der in der bisherigen Forschung ebenso wie in der professionellen Praxis (u.a. Therapie, Prävention, Aufarbeitung) oftmals die Konzepte „institutionell“ und „Institution“ gebräuchlich sind, ist ein erster Hinweis auf die mögliche Fruchtbarkeit organisationssoziologischer Ansätze, um diesen Phänomenbereich zu untersuchen. Die These, die das Seminar leiten soll, lautet dabei, dass zahlreiche Missbrauchsfälle, der institutionelle Umgang mit ihnen wie auch Aufarbeitungsformen nicht nur in bestimmter Weise sozial organisiert sind (im Sinn eines weiten Organisationsverständnisses), sondern maßgeblich auch durch formale Organisation (im Sinn eines engen Organisationsverständnisses) gestaltet sind.
SCHREIBWERKSTATT
Im Lauf des Semesters werden wir immer wieder Schreibwerkstatt-Anteile in das Seminar integrieren. Sie dienen dazu, das Verfassen von Hausarbeiten zu diskutieren und vorzubereiten. Daher werden wir immer wieder über Tipps, Tricks und Schwierigkeiten sprechen, die mit dem wissenschaftlichen Schreiben verbunden sind, und nach und nach beginnen, Konzepte für eigene Arbeiten zu entwickeln. So haben Sie Ihren Text zum Ende der Vorlesungszeit mindestens vor Augen, vielleicht aber auch schon auf dem Papier.
Wer keine Hausarbeit in diesem Seminar schreiben, aber trotzdem teilnehmen möchte, ist natürlich herzlich dazu eingeladen. Gerne können Sie das Seminar auch nutzen, um ein Konzept für Ihre Masterarbeit zu entwickeln.
VORBEREITENDE LEKTÜRE FÜR UNSERE SITZUNGEN
Das gemeinsame Arbeiten im Seminar basiert darauf, dass alle Beteiligten sich mit der vorbereitenden Lektüre zu den jeweiligen Sitzungen befasst haben. Gleichzeitig ist es eine ausgesprochene Zumutung, Texte zu lesen, die andere für einen ausgesucht haben. Das ist mir völlig klar. Doch zählen gemeinsame Lektüren zu den besten Grundlagen, um sich mit komplizierten Vorgängen und Sachverhalten zu befassen, sie analytisch zu durchdenken und eine eigenständige, selbstbewusste Position zu den Dingen zu entwickeln. Geben Sie den Texten daher bitte eine faire Chance. Sie haben es verdient.
Falls es Ihnen vor der Sitzung – aus welchen Gründen auch immer – nicht gelingt, die betreffenden Texte vorzubereiten, kommen Sie bitte auf keinen Fall ins Seminar. Sie werden nichts davon haben. Gehen Sie lieber Kaffee trinken oder ins Schwimmbad.
Wenn Sie organisationssoziologische Grundkenntnisse haben, ist das in jedem Fall von Vorteil - aber kein Muss. Wichtiger ist eine grundsätzliche Lese- und Diskussionsbereitschaft. Wenn Sie sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht imstande sehen, sich intensiv mit der Seminarlektüre auseinanderzusetzen und in regelmäßigen Abständen etwas für das Seminar zu schreiben, sollten Sie sich lieber nach einem anderen Seminar umschauen.
EINSTIEGE IN DAS SEMINARTHEMA BIETEN ÜBER DIE GEMEINSAME LEKTÜRE (SIEHE SEMINARPLAN) HINAUS...
... aus macht- und herrschaftstheoretischer Perspektive:
Hartmann, E. & T. Hoebel, 2020: Die Schweigsamkeit der Gewalt durchbrechen. WestEnd. Neue Zeitschrift für Sozialforschung 17: 71–79.
Popitz, H., 1992: Phänomene der Macht. Tübingen: Mohr Siebeck.
... zum Thema des Missbrauchs:
Axmann, G. & B. Rulofs, 2020: „Es gehörte halt irgendwie...dazu“: Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Sport im Rahmen des europäischen Projektes VOICE. S. 65–77 in: K. Petry (Hrsg.), Sport im Kontext von internationaler Zusammenarbeit und Entwicklung. Opladen, Berlin, Toronto: Verlag Barbara Budrich.
Großbölting, T., 2022: Die schuldigen Hirten. Geschichte des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Freiburg: Herder.
... mit Blick auf das Problem der Aufarbeitung:
Adorno, T.W., 1997: Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit. S. 555–572 in: Ders., Kulturkritik und Gesellschaft II. Gesammelte Schriften 10.2. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Andresen, S., 2020: Aufarbeitung sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Impulse für die sozialwissenschaftliche Gewaltforschung. WestEnd. Neue Zeitschrift für Sozialforschung 17: 103–113.
Frequency | Weekday | Time | Format / Place | Period |
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Module | Course | Requirements | |
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30-M-Soz-M6a Organisationssoziologie a | Seminar 1 | Study requirement
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Student information |
Seminar 2 | Study requirement
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Student information | |
- | Graded examination | Student information | |
30-M-Soz-M6b Organisationssoziologie b | Seminar 1 | Study requirement
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Student information |
Seminar 2 | Study requirement
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Student information | |
- | Graded examination | Student information | |
30-M-Soz-M6c Organisationssoziologie c | Seminar 1 | Study requirement
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Student information |
Seminar 2 | Study requirement
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Student information | |
- | Graded examination | Student information | |
30-MGS-4 Hauptmodul 3: Arbeit und gesellschaftliche Transformationen | Seminar 1 | Study requirement
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Student information |
Seminar 2 | Study requirement
Graded examination |
Student information |
The binding module descriptions contain further information, including specifications on the "types of assignments" students need to complete. In cases where a module description mentions more than one kind of assignment, the respective member of the teaching staff will decide which task(s) they assign the students.
Degree programme/academic programme | Validity | Variant | Subdivision | Status | Semester | LP | |
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Studieren ab 50 |
STUDIENLEISTUNG: SCHLÜSSELPASSAGEN ERÖRTERN (VIER DISKUSSIONSPAPIERE)
Um sich eine Studienleistung bescheinigen zu lassen, schreiben Sie bitte zu vier Texten, die obligatorische Seminarlektüre sind, jeweils ein kurzes Diskussionspapier. Zu welchen Texten Sie diese Papiere schreiben, entscheiden Sie. Informationen dazu, wie Sie beim Schreiben des Diskussionspapier vorgehen, finden Sie im Seminarplan zur Veranstaltung.
Laden Sie Ihre Diskussionspapiere jeweils 24 Stunden vor Beginn der Sitzungen hoch, auf deren vorbereitende Lektüre sich das jeweilige Papier bezieht. Sie finden dazu im eKVV-Lernraum entsprechende Abgabe-Ordner. Es können nur Papiere gezählt werden, die Sie rechtzeitig hochladen. Ihre Überlegungen werden wir in der Seminardiskussion aufgreifen.
BENOTETE EINZELLEISTUNG: HAUSARBEIT SCHREIBEN
Sie verfassen zusätzlich zur Studienleistung eine Hausarbeit, die einen inhaltlichen Bezug zur Veranstaltung hat. Ich empfehle Ihnen, eine Problemstellung zum Ausgangs- oder Bezugspunkt zu machen, die Sie aus der Lektüre unserer Textgrundlagen und/oder aus den Diskussionen in den gemeinsamen Sitzungen gewonnen haben.
Gerne unterstütze ich Sie bei der Konzeption. Sprechen Sie mich gerne im Rahmen der Veranstaltung an oder machen Sie einen Sprechstundentermin mit mir.
Ein Wort zum Umfang der Hausarbeit: Sie werden es schwer haben, etwas Substanzielles in weniger als 5.000 Wörtern auszudrücken. Falls Sie demgegenüber 10.000 Wörter überschreiten, werden Sie selbst die aufgeschlossensten Lesenden langweilen.