Waren die Resultate deutscher Schüler*innen in PISA ein Schock in der Allgemeinheit, weil Deutschland im Ranking der Schulsysteme nicht an der Spitze stand, so ging ein zweites Detail beinahe unter: das deutsche Schulsystem reproduziert die familiären Schul- und Universitätskarrieren. Familien ohne akademischen Hintergrund haben es nach wie vor schwerer, ihre Kinder ins Abitur, geschweige denn in eine Universität zu bringen.
Unser Seminar beschäftigt sich vor allem mit dem spezifischen Denken, das in Schulen gefordert wird, um als „gute Schüler*in“ adressiert und anerkannt zu werden. Dieses Denken hat Europa auch in die Welt exportiert und in manchen Ländern führt das zu Prosperität und Wohlstand - wie in USA, Kanada, Neuseeland. In anderen Ländern – vor allem des „Globalen Südens“ wie in Namibia, Peru, Vietnam - hinkt das Schulsystem aber immer ein wenig hinter der Form dieses westlich-europäischen Denkens hinterher.
Wird aber in Europa und „dem Westen“ und dort wiederum in den Grund- und Sekundarschulen und Gymnasien wirklich besseres „Wissen vermittelt“? Ist der Englischunterricht in England „besser „als in Vietnam? Ist der Mathematikunterricht in Deutschland „besser“ als in Namibia? Sind die Unterrichts- und Prüfungsformen in Finnland „besser“ als in Peru? Oder sitzen wir nur einem Irrtum des Denkens auf?
Gibt es überhaupt eine universelle Form des Denkens in Schule und Universität, oder drücken die „Besseren“ nur den anderen einen Stempel des „Schlechteren“ auf: die britischen den Englischlernenden in Vietnam, die deutschen den Mathematiklernenden in Namibia, die finnischen den Schulen in Peru? Oder, die deutschen Gymnasiast*innen den deutschen Hauptschüler*innen? Usw.
Oder können wir unser Denken de-kolonisieren und frei machen für eine andere Schule, ein anderes Unterrichten, ein anderes Erziehen, und wie sähe das aus? Das ist ein gemeinsames Forschungsseminar, mit Literatur auch außerhalb von Europa, die uns zum Nachdenken und Weiterdenken einladet.
Grundlage ist Marc Rölli’s neuestes Buch erschienen 2022: Anthropologie Dekolonisieren - Eine philosophische Kritik am Begriff des Menschen. Wir fragen nach, ob wir Schultheorie und Erziehungswissenschaft Dekolonisieren können. Und welche pädagogische Kritik wir am Begriff der Menschen finden können. Dazu ein Auszug aus Rölli’s Einleitung:
„In der ›europäisch-westlichen‹ Denktradition existiert ein anthropologisches Bild des Menschen, das als ›kolonial‹ bezeichnet werden kann. Es trennt Menschen, die ihrem Begriff entsprechen, von solchen, die dies nicht tun. Ihr Unterschied voneinander wird im kolonialen Abstand zwischen Menschen, die sind, was sie sind, und Menschen, die als wesentlich anders gelten, anschaulich.
Die einen verstehen sich als zivilisiert, vernunftbegabt, allseits gebildet und moralisch gefestigt. Ihr Ideal verkörpert der männliche, gesunde, erwachsene und in mancher Hinsicht normale Europäer. Es hebt sich heraus aus dem Dunkel der anderen, die in einer mythischen Wiederholung, ans Animalische grenzend, befangen erscheinen. Die epistemische Konstruktion des anderen, minderwertigen, unterlegenen oder rückständigen Menschen stellt einen entscheidenden Aspekt der kolonialen Praxis dar.“ (Rölli, 2022, s. 9)
In dieser Veranstaltung findet ein Platzvergabeverfahren statt. Bitte informieren Sie sich hier über den Ablauf: https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/erziehungswissenschaft/studium-und-lehre/einrichtungen/bie/faq-stundenplan/
Rölli, M. (2022). Anthropologie Dekolonisieren - Eine philosophische Kritik am Begriff des Menschen. Frankfurt a.M.: Campus
Mignolo, W. (2019). Epistemischer Ungehorsam. Rhetorik der Moderne, Logik der Kolonialität und Grammatik der Dekolonialität. Wien: Turin + Kant.
Santos Coloma, R. et. Al. (2009). Postcolonial Challenges in Education. New York: Peter Lang.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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25-BE-IndiErg3_a IndiErg: Bildung und Didaktik | E1: Bildung: Theorien und Institutionen | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
E3: Bildung: Theorien und Institutionen oder Didaktische Modelle und Lernräume | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung |
Studieninformation | |
25-BE11 Abschlussmodul | E1: Seminar | Studienleistung
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Studieninformation |
25-BE8 Bildung: Theorien und Institutionen | E2: Theorien und Institutionen | Studienleistung
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Studieninformation |
25-BiWi10 Schulentwicklung und Professionelle Kooperation | E1: Organisations- und Schultheorie | Studienleistung
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Studieninformation |
25-BiWi15_a Bildung, Erziehung und Unterricht (GymGe) | E2: Organisation und Schulentwicklung | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
25-UFP2 Institutionen des Bildungs- und Erziehungswesens | E1: Institutionalisierung von Bildung/Erziehung | Studienleistung
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Studieninformation |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
25-UFP2_a Institutionen des Bildungs- und Erziehungswesens | E1: Institutionalisierung von Bildung/Erziehung | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
30-MGS-3 Hauptmodul 2: Sozialisation und Bildung | Seminar 1 | Studienleistung
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Studieninformation |
Seminar 2 | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Erziehungswissenschaft / Promotion | Wahl | ||||||
Studieren ab 50 |
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: