Soziokulturelle Ansätze der Sprachaneignungsforschung behandeln Sprachen als symbolische Artefakte unter vielen (vgl. andere Zeichensysteme wie mathematische Symbolik, musikalische Notation, graphische und bildliche Darstellungen sowie körperliche Ausdrucksformen). Symbolische Artefakte werden als Produkte einer historischen Akkumulation menschlicher Tätigkeiten und Entwicklungen betrachtet (Tomasello 1999: 4f.). Ihr Gebrauch und ihre Funktionen in den jeweiligen soziokulturellen Umwelten müssen von Sprachlernenden in ihrer Ontogenese angeeignet werden, um an Erfahrungen und Tätigkeiten partizipieren zu können. Sprachaneignung wird als Internalisierung (internalization) des soziokulturellen Gebrauchs und der soziokulturellen Funktion von (sprachlichen) Artefakten verstanden. Sprachaneignung ist konstitutiv für die Fähigkeit zur Regulierung (regulation) des eigenen Verhaltens und des Verhaltens anderer in soziokulturellen Kontexten. Insbesondere die unter den Bedingungen von Mehrsprachigkeit stattfindenden Sprachaneignungsprozesse sind häufig von irritierenden und konfliktträchtigen Ausdifferenzierungen des Wahrnehmens, Deutens, Wollens und Handelns begleitet und nicht selten mit Diskriminierungserfahrungen verbunden (Ohm 2023). Die Soziokulturelle Theorie bietet somit einen guten Ansatz, um sich dem Zusammenhang zwischen dem Sprachlernen und dem sog. kulturellen Lernen anzunähern.
Nach einer Einführung in den theoretischen Rahmen und zentrale Begriffe der Soziokulturellen Theorie werden die Begrifflichkeiten auf der Basis eines Readers mit Grundlagentexten vertiefend behandelt und an Beispielen und Daten aus unterschiedlichen Forschungszusammenhängen diskutiert.
Ohm, Udo (2007): Informationsverarbeitung vs. Partizipation. Zweitsprachenerwerb aus kognitiv-interaktionistischer und soziokultureller Perspektive. In: Hans-Jürgen Krumm und Ruth Eßer (Hg.): Bausteine für Babylon: Sprache, Kultur, Unterricht … Festschrift zum 60. Geburtstag von Hans Barkowski. München: Iudicium Verlag, S. 24–33.
Ohm, Udo (2023): Sprachaneignung als Streben nach kultureller Existenz. Prozessontologische, soziokulturelle und artikulationstheoretische Ansätze für eine kulturwissenschaftliche Fundierung der Sprachaneignungsforschung. In: Claus Altmayer, Julia Wolbergs und Rebecca Zabel (Hg.): Deutsch als Zweitsprache und Kulturstudien. Herausforderungen – Perspektiven – offene Fragen. Tübingen: Stauffenburg (i.Dr.).
Tomasello, Michael (1999): The Cultural Origins of Human Cognition. Cambridge: Harvard University Press.
Tomasello, Michael (2020): Mensch werden. Eine Theorie der Ontogenese. Erste Auflage. Berlin: Suhrkamp. Online verfügbar unter https://katalogplus.ub.uni-bielefeld.de/title/HT020827392.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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23-DAF-M-DAFGER-SLF Profilmodul: Sprachlehr- und -lernforschung | Seminar 1 | Studienleistung
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Studieninformation |
Seminar 2 | benotete Prüfungsleistung
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Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Die Prüfungsleistung kann als schriftliche Hausarbeit im Umfang von ca. 15-20 Seiten (Voraussetzung: Kurzpräsentation zum geplanten Thema im Rahmen der Veranstaltung) ODER als ca. 45-minütige mündliche Prüfung mit 5-10seitigem Thesenpapier abgelegt werden.
Wichtige Zusatzbestimmung für die Prüfungsleistung: Wenn im Modul "Sprachlehr- und -lernforschung" die Prüfungsform schriftliche Hausarbeit gewählt wird, muss Modul "Entwicklungen in der Sprach- und Kulturvermittlung" mit einer mündlichen Prüfung abgeschlossen werden und umgekehrt.