230413 Gewalt im Bild (V) (WiSe 2016/2017)

Inhalt, Kommentar

Interdisziplinäre Ringvorlesung zu Bewegtbild (Kino, Fernsehen, Computerspiel usw.), statischem Bild (Gemälde, Zeichnung, Druckgrafik, Comics, Panoramen etc.) und Wortbild (Trope).

Darstellungen von Gewalt haben nie eindeutige Wirkungen. Man kann, mit dem Standardwerk von Michael Kunczik und Astrid Zipfel, sicherlich sagen, dass sich Auswirkungen ergeben – freilich lässt sich nicht kausal nachweisen, welche. Erst recht sind keine Hypothesen zulässig, eine bestimmte Reaktion ergebe sich aus der Rezeption von Gewaltszenen in Bild-Medien. Der Beweis „für negative Folgen von Mediengewalt“, den etwa Manfred Spitzer für universell erbracht hält, ist so einfach nicht zu führen. Bestenfalls „für einen kleinen bis mittelstarken Zusammenhang zwischen Mediengewalt und Aggressivität des Rezipienten“ lassen sich empirische Befunde heranziehen, wie die genannte Metanalyse deutlich macht (Kunczik/Zipfel). Alle gesellschaftlichen Debatten nach Amokläufen sind aber trotzdem immer wieder von Automatismen geprägt – und somit selten in der Lage, etwas zu erklären. Sie folgen dann überwiegend der Suggestionsthese, der gemäß die gezeigte Gewalt schlicht nachgeahmt, wiederholt werde.

Trotzdem wird man sich, umgekehrt, der These einer generellen Wirkungslosigkeit affektiv dargestellter Gewalt kaum anschließen können. Das trifft, wenn überhaupt, nur auf „sozial integrierte Menschen“ zu (Kunczik/Zipfel), die das Gesehene emotional verarbeiten können, statt es, gegebenenfalls unbewusst, nachzuahmen. Dasselbe gilt für die Katharsis-Theorie, die seit Aristoteles Poetik (um 335 v. Chr.) beschreibt, wie starke Gefühlsaufwallungen (Êλέος und Φόβος, „Jammer“ und „Schaudern“) intelligibel aufgefangen werden – und gerade eine Reinigung von den erlebten starken Affekten bewirken. Wer dieses Wechselbad der Emotionen durchlaufen hat, so die verkürzte Idee, ist gleichsam gehärtet für die Anfechtungen, die realiter – außerhalb der Fiktion – auf den Rezipienten einwirken: so etwa die Vorstellung bei Bettelheim. Oder man meinte, die im „Leihkörper“ (Voss) erlebte Aggressionsabfuhr entlaste die Individuen, die diesen Trieb dann nicht mehr ausagieren müssten. Diese modernen Varianten der Katharsis-Theorie sind allerdings empirisch kaum zu belegen; entsprechende Untersuchungen zeigen eher in die entgegengesetzte Richtung.

Dazu zählt etwa die Habitualisierungsthese, die von einer Gewöhnung an dargestellte Gewalt ausgeht – was dann wiederum zu einer Desensibilisierung und psychischen Abstumpfung der Rezipienten führe, insbesondere, wenn der „hohe Konsum von Mediengewalt“ mit Nahrungsaufnahme und Entspannung verbunden werde (Kunczik/Zipfel). In eine ähnliche Richtung, wegen der Häufigkeit des Medienkonsums, zielt die Kultivierungsthese. Hier wird unter anderem differenziert nach Arten der dargestellten Gewalt, ob sie etwa vorsätzlich verübt wurde – und die Probanden dann mit Trauer, Wut, Ekel, Verachtung und Angst reagieren konnten – und sich dadurch etwa auch die erlebte Umwelt als bedrohlicher erwiesen hat. Für unseren Kontext interessant sind die jüngeren Priming-Konzepte und die sogenannte Skript-Theorie, die Aufmerksamkeit gegenüber Schlüsselreizen untersucht – und von der neuronalen Bahnung bestimmter Wahrnehmungsmuster ausgeht. Der kognitiv-physiologische Ansatz, den etwa Jürgen Grimm in einer umfangreichen Studie untermauert hat, kommt zu dem Ergebnis, der Zuschauer von Spielfilmgewalt (im Fernsehen) entwickle eine „Logik des negativen Lernens“. Nicht Mitleid – im Sinne der Katharsis-Hypothese – werde entwickelt, wohl aber „eine Vorschule der Antiviolenz, sofern die Opferdarstellungen in geeigneter dramaturgischer Stellung Einhakpunkte der Gewaltkritik bieten“.

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Studiengang/-angebot Gültigkeit Variante Untergliederung Status Sem. LP  
Germanistik / Master of Education (Einschreibung bis SoSe 2014) BaGerP2G   2/5  
Germanistik (GHR) / Master of Education (Einschreibung bis SoSe 2014) BaGerP2G   2/5  
Medienwissenschaft, interdisziplinäre / Master (Einschreibung bis SoSe 2014) Hauptmodul 1 Wahlpflicht 3  
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Montag, 31. Oktober 2016 
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V / 2
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Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft
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