Pandora ist eine besondere weibliche Gestalt der antiken Überlieferung: Sie ist die erste Frau des Menschengeschlechts und zeigt darum deutliche Parallelen zum biblischen Schöpfungsbericht, demzufolge Eva die Vertreibung aus dem Paradies verschuldet hat. Die Ausbreitung der von Pandora mitgebrachten ‚Übel‘ über die Erde beendet im griechischen Mythos ebenfalls den paradiesischen Urzustand und erzählt somit von der Entstehung der Kultur. Waren die Menschen zuvor autochthone, aus der Erde selbst geborene Wesen, so sind sie nun auf geschlechtliche Reproduktion und Arbeit angewiesen. Konträr zu der ihr damit zugeschriebenen Macht, tritt Pandora in der mythischen Überlieferung vorrangig als Instrument männlicher Kämpfe um Hegemonie auf: Als Werkzeug der Götter, die ihre Vormachtstellung bedroht sehen, wird sie vom göttlichen Schmied Hephaistos auf Befehl des Zeus erschaffen, der damit den Feuerraub des Prometheus rächen will. Von den Bewohnern des Olymps mit allen guten Gaben wie Schönheit, Klugheit, Geschicklichkeit, einer Stimme, aber auch Arglist und ‚hündischem Sinn‘ ausgestattet, bringt Hermes sie zu Epimetheus. Dieser nimmt, ungeachtet der Warnungen seines Bruders Prometheus, das Geschenk an. Im nächsten Moment öffnet die Frau bereits jene berühmte Büchse, die in der ursprünglichen Überlieferung jedoch ein ‚pithos‘, ein großes tönernes Gefäß ist, aus dem alle Übel in die Welt entweichen.
Die Überlieferung stützt sich auf eine spärliche Grundlage: Hesiods knappe Erzählung in Werke und Tage hinterlässt mehr Fragen als Antworten. Vor allem die Figur Pandora selbst ist der blinde Fleck im gleichnamigen Mythos; es bleibt offen, was mit ihr geschieht, nachdem sie den ‚pithos‘ geöffnet hat, ob sie selbst das Übel ist oder nur passives Instrument des göttlichen Willens. Umstritten ist auch, was die im Inneren des Gefäßes verbliebene Hoffnung bedeutet. So wird der Name Pandora wahlweise passiv gedeutet, als die „Allbeschenkte“, die Gaben von allen Göttern erhalten hat, während die aktive Auslegung des Namens diesen als „Alles gebend“ übersetzt. Das Verhängnis um Pandora und ihren ‚pithos‘ ist gerade wegen der semantischen Uneindeutigkeit für zahlreiche Mythenbearbeitungen anregend gewesen; das gilt für die antiken Scholien bis zu philosophischen Betrachtungen in der Gegenwart.
Das Seminar wird versuchen, eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Mythos Pandora zu leisten: jenem Narrativ, das den Geschlechterdiskurs fundiert hat. Anknüpfungspunkte für traditionelle Vorstellungen von Weiblichkeit finden sich ebenso wie für deren Dekonstruktion. An die Hypothese, dass der Mythos nicht zwangsläufig und ausschließlich misogyne Lesarten inspiriert, knüpft sich die Frage nach seiner Aktualität an. Dazu dienen uns vor allem die größeren deutschsprachigen Bearbeitungen von Goethe, Spitteler, Wedekind und Hacks, kleinere Anspielungen quer durch die Jahrhunderte und die beiden filmischen Adaptionen des Stoffes bei G. W. Pabst und Albert Lewin.
Bitte antiquarisch besorgen (vergriffen): Mythos Pandora. Texte von Hesiod bis Sloterdijk. Hg. von Almut-Barbara Renger und Immanuel Musäus. Leipzig: Reclam 2002.
Weitere Literatur wird über Stud-IP und Semesterapparat zur Verfügung gestellt, insbesondere:
Pandora. Zur mythischen Genealogie der Frau. Pandore et la généalogie mythique de la femme. Hg. von Heinz-Peter Preußer, Françoise Rétif und Juliane Rytz. Heidelberg: Winter 2012.
Frequency | Weekday | Time | Format / Place | Period |
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Module | Course | Requirements | |
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23-GER-PLit2 Gegenwartsliteratur und Medien | Veranstaltung 1 (mit Modulprüfung) | Study requirement
Graded examination |
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Veranstaltung 2 | Study requirement
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23-GER-PLit3 Autoren, Werke, Diskurse | Veranstaltung 1 (mit Modulprüfung) | Study requirement
Graded examination |
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Veranstaltung 2 | Study requirement
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30-MGS-3 Hauptmodul 2: Sozialisation und Bildung | Seminar 1 | Study requirement
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Seminar 2 | Study requirement
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The binding module descriptions contain further information, including specifications on the "types of assignments" students need to complete. In cases where a module description mentions more than one kind of assignment, the respective member of the teaching staff will decide which task(s) they assign the students.
Degree programme/academic programme | Validity | Variant | Subdivision | Status | Semester | LP | |
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Gender Studies / Master | (Enrollment until SoSe 2013) | Hauptmodul 1 | 3 | (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich) | |||
Germanistik / Master of Education | (Enrollment until SoSe 2014) | BaGerP2G | 2/5 | ||||
Germanistik (GHR) / Master of Education | (Enrollment until SoSe 2014) | BaGerP2G | 2/5 | ||||
Geschlechterforschung in der Lehre | |||||||
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