230228 Plurale Wirklichkeiten bei Daniel Kehlmann – und in Adaptionen seiner Werke (S) (WiSe 2014/2015)

Inhalt, Kommentar

Wer von Daniel Kehlmann spricht, denkt wohl immer noch zuerst an seinen großen Erfolgsroman Die Vermessung der Welt. Kehlmann schrieb bekanntlich einen historischen Roman, der Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß, zwei unbestrittene Geistesgrößen des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, zueinander führt. Der Rahmen berichtet von einem fiktiven Treffen der beiden, im September 1828 in Berlin, der Hauptteil funktioniert, im beständigen Wechsel von Kapitel und Schauplatz, als wirklicher Doppelroman. Der eine, Naturforscher, geht bis ans Ende der Welt, der andere, Mathematiker, ermisst die Grenzen des menschlichen Geistes und bleibt dabei, soweit es geht, zu Hause. Vor allem Humboldt scheint zunächst angelegt wie eine Karikatur des Abenteurers und Entdeckers, ein später Nachfahr des Odysseus. Auch er ist ein Selbstverleugner. Als ein Wahrsager, gegen seinen Widerstand, versucht, Humboldts Handlinien zu deuten, ist jener entsetzt: „Da sei gewissermaßen keiner zu sehen. […] Niemand!“ Mitte Mai 1799 bricht Humboldt mit seinem Kollegen Aimé Bonpland auf zur Wiederentdeckung der Neuen Welt. Gauß versteht man hingegen, erst einmal, als Gegengewicht. Ein guter Teil der komischen Wirkung des Romans Die Vermessung der Welt geht nicht auf die Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit bei Humboldt selbst zurück, nicht auf das so offensichtliche Auseinanderklaffen von offener Rede und dahinter liegender Motivation. Nein: Es ist die Kontrastfigur des Mathematikers Gauß, die in erster Linie zum Schmunzeln verführen soll. Gauß grantelt gern, schimpft auf alle um ihn und über die so genannte Obrigkeit, lässt nur die Kraft des reinen Denkens gelten. Humboldt wird ihm zu Beginn verdächtig erscheinen als Erbsenzähler. Was für Humboldt die Tatsachen sind, ist für Gauß die Logik. Die Welt an sich ist für ihn „enttäuschend“, eine grob gestrickte „Illusion“. Als Einzelgänger saugt er dennoch „Leben und Kraft aus den Menschen seiner Umgebung“. Und er ist ein Sinnenfreund und Frauenliebhaber: eine Rolle, auf die sich Humboldt, Zeit seines Lebens, nicht verstanden hat. Ob als Arithmetiker oder Geometriker, als Astronom oder Geodät: Immer findet Gauß Grundsätzliches heraus, müssen Gesetze revidiert und gleich nach ihm benannt werden. Das Seminar aber wird sich nicht allein dem bekanntesten Roman Kehlmanns ausführlich zuwenden, sondern einen Querschnitt seiner Prosaarbeiten untersuchen, der dann das Thema der Illusion im Sinne der narrativen Wirklichkeiten vertieft. Von den frühen Erzählungen Unter der Sonne (1998) und dem Roman Mahlers Zeit (1999) über die Novelle Der fernste Ort (2001) bis zu den Romanen Ich und Kaminski (2003) und Ruhm. Ein Roman in neun Geschichten (2009) sowie F (2013) reicht der Bogen, der mit Reden und Essays zur Literatur komplettiert wird – und auch die beiden großen Verfilmungen umfasst zur Vermessung der Welt und zu Ruhm.

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Freitag, 11. Dezember 2015 
Letzte Änderung Zeiten:
Donnerstag, 18. September 2014 
Letzte Änderung Räume:
Donnerstag, 18. September 2014 
Art(en) / SWS
S / 2
Einrichtung
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft
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