230514 Schreiben zwischen individueller und sozialer Identität: das Genre der Autosoziobiographie (S) (SoSe 2025)

Inhalt, Kommentar

Schreiben über sich selbst, über das eigene Leben, die eigene Biographie ist seit jeher in besonderem Maße an der Schnittstelle von Literatur und Dokumentation, von Fiktion und Realität angesiedelt. In literaturwissenschaftlicher Hinsicht lässt sich konstatieren, dass genau diese Positionierung innerhalb des literarischen Feldes zunehmend bewusst reflektiert und auch zum Thema gemacht wird: während frühe Vertreter autobiographischen Schreibens (wie etwa Rousseau in seinen Confessions, 1764-70) noch wenig bis gar nicht über die Tatsache nachdenken, dass jede Form von Wiedergabe einer Realität hochgradig subjektiv geprägt ist und damit nur eine Wahrheit darstellt, wird spätestens mit der Konzeptualisierung der Autofiktion (durch den französischen Theoretiker und Schriftsteller Serge Doubrovsky) zu Beginn des Jahrtausends eben dieses Spannung in den Mittelpunkt gerückt.

Davon ausgehend haben sich in den letzten Jahrzehnten diverse Spielarten entwickelt, von denen das Genre der Autosoziobiographie sicher eine der interessantesten ist. Im Mittelpunkt steht hier die (retrospektive) Schau eines Autors oder einer Autorin auf den eigenen Werdegang, der mit dem Verlassen der Herkunftsschicht (in der Regel Arbeitermilieu oder Kleinbürgertum) und einem sozialen ‚Aufstieg‘ (in ein häufig großstädtisch geprägtes Akademikermilieu) verbunden ist. Im Mittelpunkt steht somit das Individuum als in erster Linie soziales, gesellschaftlich verortetes Wesen, seine Geschichte ist eng verwoben mit der Schilderung eines sozialen Kontextes. Literaturwissenschaft tritt so in einen engen Austausch mit soziologischen Fragestellungen, wobei der Soziologe Pierre Bourdieu als eine Art theoretischer Übervater fungiert.

Im Rahmen des Seminars werden wir unterschiedliche autosoziobiographische Texte (z.T. ganz, z.T. in Auszügen) lesen und diskutieren. Der Fokus wird dabei auf der französischsprachigen Literatur liegen, die mit Autoren wie Didier Eribon (Retour à Reims, 2009), Annie Ernaux (La place, 1983; Une femme, 1987, Les années, 2008) oder Éduard Louis (En finir avec Eddy Bellegueule, 2014) die Debatte maßgeblich bestimmt haben. Deutschsprachige Texte (wie Daniela Drösches Zeige deine Klasse (2018) oder Thomas Melles Die Welt im Rücken (2016) können vertiefend im Rahmen einer Modulabschlussprüfung behandelt werden. Die genaue Auswahl der Texte wird zu Beginn des Semesters bekanntgegeben.

Ziel des Seminars ist, ein theoretisch fundiertes Wissen um das Genre an der Schnittstelle zwischen Literatur und Soziologie zu erarbeiten, Praktiken der Lektüre einzuüben sowie gleichzeitig einen Finger auf den Puls der französischen Gesellschaft zu legen und vertiefte Einblicke in aktuelle gesellschaftliche Kontexte zu gewinnen.

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Da die Veranstaltung auch für den Studiengang Literaturwissenschaft geöffnet ist, werden wir die Texte (auch) auf deutsch lesen. Belastbare Kenntnisse der französischen Sprache (Niveau B1) sind dennoch erwünscht.

Literaturangaben

zur Einführung empfohlen:
Eva Blome: Rückkehr zur Herkunft. Autosoziobiographien erzählen von der Klassengesellschaft. In: Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte (2020), 94: 541-571.

Lehrende

Termine ( Kalendersicht )

Rhythmus Tag Uhrzeit Format / Ort Zeitraum  
wöchentlich Do 10-12 X-E1-107 07.04.-18.07.2025
nicht am: 01.05.25 / 29.05.25 / 19.06.25

Fachzuordnungen

Modul Veranstaltung Leistungen  
23-LIT-M-LitAM5 Aufbau-Modul II: Fachphilologische Vertiefung Romanistik Lehrveranstaltung 1 Studienleistung
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Lehrveranstaltung 2 Studienleistung
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Lehrveranstaltung 3 benotete Prüfungsleistung
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23-LIT-M-LitINT Intensivierung Aufbaumodul Lehrveranstaltung 1 Studienleistung
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Aufbaumodul Lehrveranstaltung 2 Studienleistung
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Aufbaumodul Lehrveranstaltung 3 Studienleistung
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Profilmodul Lehrveranstaltung 1 Studienleistung
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Profilmodul Lehrveranstaltung 2 Studienleistung
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23-ROM-B3-F Profilmodul Literaturwissenschaft Französisch Autor/innen - Werke - Gattungen Studienleistung
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Literatur im kulturellen Kontext Studienleistung
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- benotete Prüfungsleistung Studieninformation
23-ROM-B3-F_a Profilmodul Literaturwissenschaft Französisch Autor/innen – Werke – Gattungen Studienleistung
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Literatur im kulturhistorischen Kontext Studienleistung
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Vertiefungsseminar "Autor/innen – Werke – Gattungen" oder "Literatur im kulturhistorischen Kontext“ mit Lektüreschwerpunkt benotete Prüfungsleistung
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Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.


Keine Konkretisierungen vorhanden
Lernraum (E-Learning)
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Moodle-Kurs
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registrierte Anzahl: 16
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Reichweite:
16 Studierende direkt per E-Mail erreichbar
Hinweise:
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Letzte Änderung Grunddaten/Lehrende:
Sonntag, 10. November 2024 
Letzte Änderung Zeiten:
Mittwoch, 29. Januar 2025 
Letzte Änderung Räume:
Freitag, 24. Januar 2025 
Art(en) / SWS
Seminar (S) / 2
Einrichtung
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft
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505119283