In Kassel findet seit 1955 alle fünf Jahre die weltweit wichtigste Ausstellung der aktuellen künstlerischen Produktion statt. Der Leiter der documenta XI, der Nigerianer Okwui Enwezor, führt die Linie der documenta X weiter und organisiert eine nachdrücklich politische Veranstaltung.
Wie nicht anders zu erwarten, sind die zentralen Problemstellungen der documenta XI der aktuellen Geschichtswissenschaft gut vertraut: Im Zentrum steht das Ringen in vielen Teilen der Welt um kollektive (nationale, ethnische usw.) Identitäten, die üblicherweise in Form historischer Entwürfe generiert werden. Sie drehen sich um den Umgang von Völkern oder Ländern mit ihren dunklen Vergangenheiten, mit Ursprungsmythen, mit ethnischen Imaginationen, und so weiter. Die Gegenwartskunst spielt in diesen Prozeduren der Erzeugung, aber auch Aufdeckung und Entlarvung kollektiver Mythen eine bedeutende Rolle.
Historiker sind in der Regel hilflos, wenn sie sich ästhetischen Formen historischer Argumentation gegenübersehen. Entsprechende Beurteilungsmaßstäbe gehören nicht zum Ausbildungskanon, obgleich künstlerischer Formen historischer Argumentation oft wesentlich größere Wirkung haben als akademische ( "Schindlers Liste", "Der Name der Rose", Libeskinds Museumsbau). Hier ist die geschichtswissenschaftliche Ausbildung augenscheinlich zu eng, Training dringen nötig. Die documenta 11 ist eine ideale Gelegenheit, denn sie bietet auf dem gegenwärtig höchsten Niveau Einblicke in historisch relevante Diskussionen in vielen verschiedenen Gesellschaften.
Das Seminar wird sich bis zur Eröffung der documenta (8.6.2002) in die Fragestellungen einarbeiten und sich nach der Eröffnung mit den in Kassel gezeigten Arbeiten befassen. Zwei Exkursionen nach Kassel (24 . und 28. Woche) erlauben die konkrete Diskussion der Objekte.
Zur Einführung: www.documenta.de; BERNHARD JUSSEN, Die »Geschichte« der Wissenschaft und die »Geschichte« der Kunst. Was die historischen Wissenschaften von der bildenden Kunst lernen können und was nicht, in: Das Gedächtnis der Kunst. Geschichte und Erinnerung in der Kunst der Gegenwart, Schirn Kunsthalle, Frankfurt am Main, 2000, S. 56-70 (Kopie bei Frau Reinecke erhältlich); EGON FLAIG, Spuren des Ungeschehenen. Warum die Kunst der Wissenschaft nicht helfen kann, in: BERNHARD JUSSEN (Hrsg.), Archäologie zwischen Imagination und Wissenschaft: Anne und Patrick Poirier, Göttingen 1999, S. 16-50; LAMBERT SCHNEIDER, Das Pathos der Dinge. Vom archäologischen Blick in Wissenschaft und Kunst, ebd. S. 51-82
Frequency | Weekday | Time | Format / Place | Period | |
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weekly | Mi | 14-16 | Unpublished | 17.04.-17.07.2002 |
Degree programme/academic programme | Validity | Variant | Subdivision | Status | Semester | LP | |
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Geschichte / Lehramt Sekundarstufe I | C1; D1 | Pflicht | GS und HS | ||||
Geschichte / Lehramt Sekundarstufe II | C1; D1 | Pflicht | GS und HS | ||||
Geschichtswissenschaft (Hauptfach) / Magister | C1; D1 | Pflicht | GS und HS | ||||
Geschichtswissenschaft (Nebenfach) / Magister | C1; D1 | Pflicht | GS und HS |