In den letzten Jahren sind in der Soziologie unter dem Stichwort der „Materialität“ die Dinge, Arte-fakte, Apparaturen, Körper wie all das, was bisher als „Natur“ der menschlichen Gesellschaft oder Kultur entgegengesetzt und von dieser ontologisch geschieden wurde, intensiv diskutiert worden. Die sogenannte Akteur-Netzwerk-Theorie, der „new materialism“, die poststrukturalistische Soziologie, verschiedene praxistheoretische Ansätze oder auch symbolisch-interaktionistisch fundierte, post-soziale Positionen sind nur die bekanntesten Vertreter der Forderung, das Verhältnis von „Sozialität“ und „Materialität“ zu überdenken und neu zu konzeptualisieren. Die Erkenntnisobjekte der bisherigen Soziologie, die sozialen Phänomene und Beziehungen in ihren verschiedenen Dimensionen, seien, so eine Grundthese, ohne den wie auch immer zu beschreibenden Beitrag der „Materialitäten“ zur ihrer Genese wie zu ihrer Konstitution analytisch zu erfassen. Der bisherigen Soziologie wurde und wird ein einseitiger, ideologisch und kulturell bedingter „Humanismus“ unterstellt, der die grundsätzliche gegebene Symmetrie der „Dinge“ zugunsten einer hegemonialen Asymmetrie des Menschlichen oder Kulturellen verkenne. Dies gelte erst recht für moderne und zeitgenössische Sozialverhältnisse, die in eine post-soziale Ordnung eingetreten seien.
Man muss diese Thesen nicht unterstützen und kann seinerseits auf die oft nebulösen oder bes-tenfalls metaphorischen Begriffsdispositionen dieser Positionen verweisen, aber man wird sicherlich dem Eindruck beipflichten müssen, dass im engeren Bereich der empirischen Sozialforschung die „Materialitäten“ in ihren kausalen, funktionalen, semiotischen oder symbolischen Dimensionen bisher nur wenig berücksichtigt wurden. Diese Dimensionen und Aspekte sollen nun der For-schungsgegenstand dieser Lehrforschung sein. Es soll darum gehen, gleichsam experimentell mögliche Methoden der Analyse „materialer Sozialität“ zu entwickeln oder auch mit herkömmlichen Methoden „materiale Sozialität“ zu untersuchen.
Der zentrale Forschungsgegenstand dieser Lehrforschung ist etwas, was uns eigentlich am näch-sten ist, aber in der Tat soziologisch nur wenig und selten gewürdigt wird: Stoffe, also solche textilen oder nicht-textilen Stoffe, die uns wärmen oder schützen, kleiden oder schmücken, die wir am Körper tragen, die wir leiblich spüren, in denen wir uns anderen zeigen und uns ihnen gegenüber inszenieren, aber auch solche Stoffe, mit denen wir Innen- und Außenräume gestalten und formen.
Die präzise Festlegung von Fragestellungen und Projekten ist selbstverständlich den einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmern überlassen. Deshalb sollen hier nur einzelne Anregungen und Vorschläge formuliert werden:
• Aktanten-Netzwerke
• Wandel von Wohnräumen
• Mode-Stoffe
• Stoffliche Materialitäten des sozialen Gedächtnisses
Die Lehrforschung findet thematisch in enger Kooperation mit dem Theater Bielefeld und dem Re-cherchepool Berlin statt. Auch die Ergebnisse der Lehrforschung können in diese Kooperation ein-fließen.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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30-M-Soz-M2_LF1 Lehrforschung in Soziologischer Theorie | Alternativ zu Seminar 1 und Seminar 2: großes Seminar | Studienleistung
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Studieninformation |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studienleistungen können durch Kurzreferate erbracht werden, Einzelleistungen durch einen Lehr-forschungsbericht im vorgesehenen Umfang. Noch eine Hinweis: Da es sich um eine einsemestrige Lehrforschung mit 4 SWS handelt, sollte der zeitliche Aufwand nicht gering eingeschätzt werden. Weitere Auskünfte können gerne bei dem Veranstalter gerne eingeholt werden
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: