220085 Historiker in Theorie und Praxis: Johann Gustav Droysen (GST) (SoSe 2024)

Im 19. Jahrhundert hatten die Historiker nicht nur noch Zeit, umfangreiche Bücher, wunderbare Briefe und Übersetzungen aus dem Altgriechischen zu schreiben und nebenbei leidenschaftlich Politik zu betreiben - sie wurden dabei auch sehr alt. All dies gilt für Johann Gustav Droysen (1808–1884), dessen historisches Werk deshalb aber noch lange nicht zum „alten Eisen“ gehört. Im Gegenteil: Dieses Grundseminar behandelt mit Droysen gleichsam den „Cheftheoretiker“ des deutschen Historismus, dessen Methodenlehre auch heute noch anregend und bedenkenswert anmutet. Obwohl er seinen Kollegen Ranke als bloßen Quellenkritiker bezichtigte und an ihm eine „eunuchische Objektivität“ wie eine Krankheit diagnostizierte, entwickelte Droysen selber die heute noch gelehrte quellenkritische Methode zur Perfektion und gelangte in seiner historischen Arbeit weniger zu einer polemisch-parteilichen Darstellung wie Heinrich von Treitschke, sondern zu einer der umfangreichsten theoretisch-methodologischen Reflexionen seines Jahrhunderts, dem Grundriss der Historik (1868). Und welcher Historiker erfindet wie nebenbei noch eine ganze Epoche neu und prägt ihr seine Signatur auf? Droysen ist das mit dem „Hellenismus“ gelungen.
Im Mittelpunkt des Seminars steht die „Historik“ Droysens, eine immer weiter ausgebaute Meisterlehre zu der Frage, was Geschichte als Wissenschaft ausmacht und wie sie ‚funktioniert‘.

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Neugierde, Leselust, Interesse an Theoriefragen

Literaturangaben

Einführend: Otto Hintze, Artikel „Droysen, Johann Gustav“, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 48, 1904, 82-114; Hans-Joachim Gehrke, Johann Gustav Droysen, in: Michael Erbe (Hh.), Berlinische Lebensbilder - Geisteswissenschaftler, Berlin 1989, 127-142.