Das Seminar führt in die soziologische und systemtheoretische Analyse von Politik nach Niklas Luhmann ein. Diese Art von Analyse beginnt mit der Annahme der Unwahrscheinlichkeit, permanenten Instabilität und Unsicherheit von Politik. Aus dieser Sicht ist die Krise, von der in der Politik selbst reichlich die Rede ist (die Krise der „westlichen“ Demokratien, die Krise der „liberalen Weltordnung“ oder die Finanz-, Flüchtlings- und Corona-Krise usw.), nicht ein Ausnahmezustand der Politik, sondern (unter wechselnden Vorzeichen) ihr Normalzustand. Damit wird die Routineerwartung, dass Politik sich wie selbstverständlich fortsetzte, aufrecht erhalte und Dauer gewinne, aufgelöst, um daraufhin zu fragen und zu erklären, wie das eigentlich Unwahrscheinliche wahrscheinlich gemacht, Instabilität stabilisiert und Unsicherheit in Sicherheit transformiert wird.
Das Seminar nimmt drei fundamentale Unwahrscheinlichkeiten der Politik in den Blick. Unter den globalen Bedingungen einer Vielzahl verschiedener, teils sich widersprechender und rasch wechselnder Welt- und Problemsichten, Wertevorlieben und Meinungen, die jede politische Entscheidung als bestreitbar und anders möglich erscheinen lassen, ist es unwahrscheinlich, (1) dass gesellschaftliche Probleme politisch überhaupt erkannt werden und darüber Konsens geschaffen wird, (2) dass politische Lösungsvorschläge erarbeitet werden, die schließlich (3) so um- und durchgesetzt werden, dass sie allgemein akzeptiert werden und gesellschaftliche Probleme tatsächlich lösen. Wie unwahrscheinlich diese drei Leistungen sind, führen zum Beispiel die Flüchtlings-, Klima- oder auch die Coronadebatte vor Augen.
Um aufzuklären, wie diese Unwahrscheinlichkeiten dennoch möglich werden, erarbeiten wir im Seminar gemeinsam Konzepte und erproben diese an empirischen Fällen. Am Beispiel der ökologischen Gefährdung der Gesellschaft durch den Klimawandel analysieren wir, was die öffentliche Meinung, wie sie vor allem durch Massenmedien (Zeitungen, Fernsehen, „Social Media“) und Protestbewegungen geprägt wird, zur Politisierung gesellschaftlicher Probleme beiträgt, — und was die Bedingungen dafür sind, dass sie in der Parteipolitik erhört und in Form von Partei- und Regierungsprogrammen Lösungsvorschläge entwickelt werden. Inwiefern es gelingen kann, gesellschaftliche Probleme (wie den Klimawandel) tatsächlich zu lösen, betrachten wir als eine Frage der politischen Steuerungsfähigkeit der Gesellschaft (z.B. der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Erziehung). An den Beispielen der letzten US-Wahl und der anstehenden Landtags- und Bundestagswahlen untersuchen wir, wie es durch das demokratische und rechtsstaatliche Verfahren der politischen Wahl gelingen (und wann nicht gelingen) kann, eine Regierung zu legitimieren, d.h. eine allgemeine und kollektive Bereitschaft (gerade auch unter den Verlierern, Andersmeinenden und Widerstrebenden) herzustellen, nicht nur den Regierungswechsel, sondern auch noch zukünftige Regierungsentscheidungen innerhalb gewisser Toleranzgrenzen wenn nicht meist fraglos hinzunehmen, so doch (widerwillig) zu akzeptieren.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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30-M15 Politische Soziologie | Soziologie des politischen Systems | Studienleistung
benotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
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