Für Reinhart Koselleck bestand ein Kern der Geschichtswissenschaft darin, „vergangene Zukunft“ zu rekonstruieren: Um nicht-routinemäßiges menschliches Verhalten in früheren Zeiten zu verstehen, muss man sich in damalige Zukunftserwartungen hineinversetzen. Diese waren oft sehr anders als die dann real eintretende Zukunft: Niemand, der das Leben liebt, hätte 1933 NSDAP gewählt, hätte er die reale Zukunft gekannt! Aber auch in der deutschen Geschichte seit 1945 versteht man vieles nur dann, wenn man sich in die einst vorgestellten Zukünfte zurückversetzt: ob in die Ängste vor einem kommenden Atomkrieg oder in die die gleichzeitige Begeisterung für das „friedliche Atom“ in den 1950er Jahren, in den Horror vieler „68er“ vor einer drohenden „Refaschisierung“ der Bundesrepublik oder in die „alternativen“ Zukünfte, in die mit „Automation“ und „Globalisierung“ verknüpften Visionen oder gar in die Prophezeiung Walter Ulbrichts, die DDR werde „Faust III“ werden – „ … und der Zukunft zugewandt“ begann die Nationalhymne der DDR.
Nicht selten sind hinter den lautstark proklamierten Zukünften die wirklichen Erwartungen vieler Menschen erst zu entdecken. Auch sonst ist das Thema nicht ohne detektivischen Reiz. Zum Beispiel: Keynes zufolge werden Depressionsspiralen durch keinen Marktautomatismus verhindert, da Unternehmer Investitionen nicht am Markt, sondern an Zukunftserwartungen orientieren; aber deren Geschichte ist noch kaum geschrieben. Oft sind Gegenwartsdiagnosen ununterscheidbar mit Zukunftsprognosen vermischt, ob Bildungs- oder Klimakatastrophe, „postmaterialistische“ oder „multikulturelle Gesellschaft“; da ist es Sache des Historikers, diesen Knoten aufzudröseln und das prognostische Element zu identifizieren.
Zudem gibt es eine Dialektik der Zukunftserwartungen: In typischen Fällen erzeugen Hoffnungen zugleich Sorgen, dass das Erhoffte bedroht ist – und andersherum entspringt den Ängsten eine Sehnsucht nach Hoffnung. Manchmal führen auch konsequent durchdachte Zukunftsvisionen am Ende dahin, dass die damit ursprünglich verknüpften Emotionen kippen; das geschah besonders markant nach 1970. Am Ende ist der springende Punkt oftmals der, dass gerade die fixen Ideen über die Zukunft dazu beitragen, dass die reale Entwicklung anders verläuft. In der deutsch-deutschen Geschichte seit 1945 gibt es nicht nur vergangene Zukünfte, sondern auch Überrumpelungseffekte des Realen zu entdecken: nicht zuletzt in der deutschen Wiedervereinigung von 1990. Diese Geschichte ist vermutlich nicht zu Ende.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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22-3.2 Hauptmodul Moderne
3.2.2,3.2.3,3.2.8 |
Historische Orientierung | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Geschichtswissenschaft / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | Modul 3.2; Modul 3.6 | Wahlpflicht | 1 | ||
Geschichtswissenschaft / Bachelor | (Einschreibung bis SoSe 2011) | Kern- und Nebenfach | 3.2.2; 3.2.3; 3.2.8 | Wahlpflicht | 4 | scheinfähig studierbar als Übung | |
Geschichtswissenschaft (G) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | Modul 3.4 | Wahlpflicht | 1 | aktive Teilnahme | ||
Geschichtswissenschaft (Gym/Ge) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | 3.2.2; 3.2.3; 3.2.8 | 4 | ||||
Geschichtswissenschaft (HR) / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | Modul 3.6 | Wahlpflicht | 1 | aktive Teilnahme | ||
Studieren ab 50 |