300058 Problemfeldanalyse: Unfälle, Krisen, Katastrophen (S) (SoSe 2003)

Unsicherheitsabsorption wird von Soziologen seit jeher als eine Primärfunktion sozialer Ordnungsbildung angesehen. Seit Weber nimmt man an, daß diese Funktion von formalen Organisationen mit ihren verbindlichen Verhaltenserwartungen an Mitglieder, der Etablierung von Rangpositionen, Kommunikations- und Karrierewegen besonders sorgsam bedient wird. Was aber passiert, wenn diese Leistungen ausfallen? Gefährdet dies dann umgekehrt die Bestandsbedingungen formaler Organisationen stärker als bei anderen Formen sozialer Ordnungsbildung (z. B. bei Interaktionen oder Gruppen)?
In den 70er und 80er Jahren wurden Fragen nach der Verunsicherung sozialer Ordnung vor allem im Rahmen von Krisentheorien diskutiert, in den 90er Jahren in erster Linie durch die soziologische Risikoforschung, die das Thema auf Entscheidungsunsicherheiten fokussierte und damit wiederum dessen organisationssoziologische Einschlägigkeit deutlich werden ließ. Das Seminar möchte einerseits an grundlagentheoretische und allgemeinsoziologische Herangehensweisen anknüpfen, wie man sie in Krisentheorien findet, damit aber andererseits immer auch Bestands- und Reproduktionsbedingungen formaler Organisationen ansprechen, wie es die Risikoforschung vormacht. Einzelfallstudien über Unfälle, Krisen und Katastrophen bilden die Diskussionsgrundlage der Seminarsitzungen.

Literaturangaben

Bühl, Walter L., 1984: Krisentheorien: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Übergang, Kap. II. Darmstadt: WBG