Aufarbeitung deutscher Geschichte’ verbindet derzeit als moralischer Bezugspunkt nationale Ideologie mit der Idee einer Versöhnung der Generationen. Die Referenz auf die deutschen Verbrechen, auf Auschwitz, ist dabei zentral. Im öffentlichen Diskurs zeigt sich eine neue ‚Unbefangenheit‘ im Umgang mit der Geschichte. Gerade in den Auseinandersetzung mit den Erfahrungen der eigenen Großeltern, dem Wunsch, bei der Weltmeisterschaft auch einmal unbeschwert "schwarz-rot-geil" zu sein, zeigt sich, dass die dritte TäterInnengeneration zum Protagonisten des postnazistischen Nationalgefühls wird.
Das Seminar geht der Frage nach: Wie speist sich der NS und die Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden in das Gespräch zwischen den Generationen in den deutschen Familien ein? Welche unbewussten Konflikte sind damit verbunden? In welchem Verhältnis steht das ‚Familiengespräch‘ mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen des Umgangs mit den deutschen Verbrechen?
Wir werden an dieses Thema von drei verschiedenen Seiten herangehen - dabei werden u.a. die Umarbeitung der Vergangenheit und die intergenerative Schuldübergabe im Mittelpunkt stehen:
Erstens werden wir uns mit empirischen Studien über die Generationengeschichte(n) des NS auseinandersetzen.
Zweitens werden wir anhand ausgewählter Filmszenen einen Eindruck gewinnen von der "Neuschreibung der deutschen Familiengeschichten in filmischen Geschichtsfiktionen über den Nationalsozialismus" (Ebbrecht).
Drittens wählen wir als theoretische Zugangsweise die Psychoanalyse und die Kritische Theorie.
Zur Vorbereitung des Seminars soll im Vorfeld gelesen werden: das Fallbeispiel der Familie Teschner aus
Schneider, Christian/Stillke, Cordelia/Leineweber, Bernd:
Das Erbe der Napola. Versuch einer Generationengeschichte des Nationalsozialismus. Hamburg 1996.
Das sind folgende Kapitel: Erste Generation: "Hinter dem Schleier der Geschichte: Robert Teschner" (S.95-132), zweite Generation: "Der geschichtsverrückte Genealoge: Peter Teschner" (S.290-317), dritte Generation: "Eine transgenerationelle Motivstudie: Das Beispiel der Familie T." (S.337-353) und "Die dritte Generation: Ein Ausblick" (S.354-376). Wir bitten darum, dass zwar allen der ganze Text im Groben bekannt ist, machen aber den Vorschlag, dass sich jeder nach Interesse besonders auf eine Generation konzentriert.
Adorno: Erziehung nach Auschwitz. In: GS Bd.10.2
Adorno: Was bedeutet Aufarbeitung der Vergangenheit? In: GS 10.2
Bergmann/ Jucovy/ Kestenberg (Hg.): Kinder der Opfer, Kinder der Täter. Psychoanalyse und Holocaust. Frankfurt 1995
Ebbrecht: Familienalbum und Famlienroman. Zur Neuschreibung der deutschen Familiengeschichten in filmischen Geschichtsfiktionen über den Nationalsozialismus. In: kittkritik: Nationales Vergangenheitsrecycling in der deutschen Gegenwartskultur. In: Dies. (Hg.): Deutschlandwunder. Wunsch und Wahn in der postnazistischen Kultur. Mainz 2007
Freud: Trauer und Melancholie. In: Studienausgabe Bd. III
Lohl: Gefühlserbschaft und agressiver Nationalismus. Eine sozialpsychologische Studie zur Generationengeschichte des Nationalsozialismus. Hannover 2008 (http://edok01.tib.uni-hannover.de/edoks/e01dh08/577237756.pdf)
Mitscherlich/ Mitscherlich: Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens. Pieper 2007
Quadfasel/ Dehnert: Wenn der braune Großvater erzählt. Zur Psychoanalyse des postfaschistischen Subjekts. In: Initiative not a lovesong: subjekt. gesellschaft. Münster 2002
Rensmann: Kritische Theorie über den Antisemitismus. Studien zu Struktur, Erklärungspotential und Aktualität. Berlin/ Hamburg 2001
Schneider/ Stillke/ Leineweber: Das Erbe der Napola. Versuch einer Generationengeschichte des Nationalsozialismus. Hamburg 1996
Silbermann/ Stoffes: Auschwitz: Nie davon gehört? Erinnern und Vergessen in Deutschland. Berlin 2000
Welzer/ Moller/ Tschuggnall: Opa war kein Nazi. Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis.Frankfurt 2002
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
---|
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Erziehungswissenschaft / Master | (Einschreibung bis SoSe 2011) | ME 1.3 | 3/5 | aktive Teilnahme EL (u) oder (b) | |||
Frauenstudien | (Einschreibung bis SoSe 2015) | ||||||
Gender Studies / Master | (Einschreibung bis SoSe 2013) | Hauptmodul 1; Hauptmodul 1.2 | 3 | (bei Einzelleistung 3 LP zusätzlich) | |||
Pädagogik / Erziehungswissenschaft / Diplom | (Einschreibung bis SoSe 2008) | H.1.2; H.1.3; H.2.6; H.3.1 |