220050 Die griechische Polis und ihre Alternativen (S) (WiSe 2018/2019)

Inhalt, Kommentar

Zu den Konstanten in der Geschichte der Griechen gehört deren Lust an und Kreativität in der Politik. Die griechische Polis stellte dabei eine einzigartige Form vormoderner Staatlichkeit dar: kleinräumig, mit einem urbanen Zentrum als Kern, ökonomisch an ihre Lage und die Umweltbedingungen angepasst, bewohnt von Bürgern (politai) mit einer hohen politischen und militärischen Einsatzbereitschaft für ihren „Bürgerstaat“ (Alfred Heuß). Die Polis entwickelte sich seit der frühen Archaik und bestand in gewandelter Gestalt bis in die römische Kaiserzeit hinein fort. In der Polis bildeten sich verschiedene Arten von Regierung und politischer Kultur heraus, von denen die athenische Demokratie des 5. und 4. Jahrhunderts v.Chr. wohl die bekannteste ist.
In den letzten beiden Jahrzehnten hat die Forschung freilich auch andere Modelle politischer Formierung in Griechenland stärker in den Blick genommen: das sog. Ethnos und den Bundesstaat. Das politische Leben manifestierte sich freilich nicht allein in diesen Organisationstypen, sondern auch gleichsam performativ in den verschiedenen Akteuren bzw. Akteursgruppen und den ‚Handlungsstilen‘, mit denen sie Politik machen (innerstaatlich: Aristokraten als aktive Individuen, Aristokratie als Gruppe, bäuerliche Gemeinschaft bzw. Gliedgemeinden; Unterdrückungssysteme gegen ganze Gruppen; Politik als Domäne der Männer; Politik als intensive Lebensform in der Demokratie usw.).
An der Polis und ihren Alternativen lässt sich historische Vielfalt studieren, aber auch das Bemühen der Forschung, typologisierend zu generellen Aussagen über griechische Staatlichkeit und ‚Mentalität‘ zu kommen; diese Spur beginnt markant in Jacob Burckhardts Werk „Griechische Culturgeschichte“ (1898–1902). Und in jüngster Zeit gibt vermehrt Bemühungen, die griechische Polis in die Debatte um die Zukunft der offenkundig krankenden westlichen Demokratie hineinzuholen, indem etwa das Prinzip der Losung wieder eine Rolle spielen soll. Ein aktueller, faszinierender Gesamtentwurf einer Neubelebung des Politischen im Geist der Polis ist Josiah Obers Buch „Demopolis“.
Das Modul ist als integrierte vierstündige Lehrveranstaltung konzipiert! Das Seminar und die Historische Orientierung „Politisches Leben im antiken Griechenland“ bilden einen Block und müssen beide regelmäßig besucht werden. Wegen der integrierten Planung wird es für Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die nur eine der beiden Veranstaltungen besuchen, unmöglich sein, dem Fortschreiten in der Erarbeitung und im Kompetenzerwerb zu folgen. Auf Fragen und Probleme, die sich aus dem Versäumen von einzelnen Sitzungen oder einer ganzen Hälfte des Moduls ergeben, wird keine Rücksicht genommen werden können!
Das Modul ist sequentiell in (flexible) Teile gegliedert: Zunächst werde ich in Vorlesungsform einen einführenden Überblick geben; dann lesen wir gemeinsam ausgewählte Texte (antike Quellen; Forschungsliteratur in deutscher und englischer Sprache). Den dritten Abschnitt machen die Präsentationen der Teilnehmer aus (keine Referate im üblichen Sinn!).

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Erfolgreich abgeschlossenes Grundmodul Antike. Sehr erwünscht sind fundierte Überblickskenntnisse zur griechischen Geschichte, wie sie vermittelt werden in: Raimund Schulz, Kleine Geschichte des antiken Griechenland, 2. Aufl. Stuttgart 2010; Uwe Walter, Der Große Ploetz. Die Enzyklopädie der Weltgeschichte. 35., völlig neubearbeitete Auflage. Göttingen 2008; darin: Griechenland vom Ende der Bronzezeit bis 500 v.Chr. (151-70); Das klassische Griechenland (499–322 v.Chr.) (170-95).

Literaturangaben

Quellen:
– Peter J. Rhodes, The Greek City-States. A Source Book. 2. Aufl. Cambridge 2007.
– Robin Osborne / Peter J. Rhodes (Eds.), Greek Historical Inscriptions 478–404 BC. Oxford 2017
– Peter J. Rhodes / Robin Osborne, Greek Historical Inscriptions 404–323 BC. Oxford 2004
Literatur zum historischen Befund
– Karl-Wilhelm Welwei, Die griechische Polis. Entstehung, politische Organisationsform, historische Bedeutung (1996), in: ders., Polis und Arché. Kleine Schriften zu Gesellschafts- und Herrschaftsstrukturen in der griechischen Welt. Stuttgart 2000, 87-107 (Einführung)
– Ders., Die griechische Polis. Verfassung und Gesellschaft in archaischer und klassischer Zeit. Stuttgart 2. Aufl. 1998, Neudruck 2017 (Standardwerk, Pflichtlektüre)
– Hans-Joachim Gehrke, Jenseits von Athen und Sparta. Das Dritte Griechenland und seine Staatenwelt. München 1986 (hebt typologisierend v.a. auf die Ökonomie und Ökologie verschiedener Polisstaaten ab)
– Victor Ehrenberg, Der Staat der Griechen. 2. Aufl. Zürich/Stuttgart 1965
– Fritz Gschnitzer (Hg.), Zur griechischen Staatskunde, Darmstadt 1969
– Hans Beck (Ed.), Blackwell Companion to Greek Government. Malden/Oxford 2013
– Roger Brock/Stephen Hodkinson (Eds.), Alternatives to Athens. Varieties of Political Organization and Community in Ancient Greece. Oxford 2000
– Hans Beck/Peter Funke (Eds.), Federalism in Greek antiquity. Oxford 2015 (Handbuch auf neuestem Forschungsstand)
– Josiah Ober, Das antike Griechenland. Eine neue Geschichte. Stuttgart 2015 (auch methodisch faszinierender Neuentwurf des antiken Griechenland als Ort von Wohlstand und „performance“)
– Uwe Walter, An der Polis teilhaben. Bürgerstaat und Zugehörigkeit im Archaischen Griechenland. Stuttgart 1993
– Ders., Wege zum Politischen im antiken Griechenland, in: Angela de Benedictis u.a. (Hgg.), Das Politische als Argument. Göttingen 2013, 17-43

Lehrende

Termine ( Kalendersicht )

Rhythmus Tag Uhrzeit Format / Ort Zeitraum  

Zeige vergangene Termine >>

Fachzuordnungen

Modul Veranstaltung Leistungen  
22-3.1 Hauptmodul Vormoderne
3.1.2
Seminar Vormoderne Studienleistung
benotete Prüfungsleistung
Studieninformation

Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.


Im Seminar: Präsentation mit Quellenpapier/Tischvorlage; schriftliche Hausarbeit im Umfang von 40.000-50.000 Zeichen (= 20-25 Seiten); s. Modulhandbuch.
In der Historischen Orientierung: Zwei größere Studienleistungen (1. Erarbeitung eines wiss. Aufsatzes mit Tischvorlage; 2. Kritisches Referat einer Monographie oder eines Sammelbandes mit Tischvorlage).

Lernraum (E-Learning)

Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen:

registrierte Anzahl: 6
Dies ist die Anzahl der Studierenden, die die Veranstaltung im Stundenplan gespeichert haben. In Klammern die Anzahl der über Gastaccounts angemeldeten Benutzer*innen.
eKVV Teilnahmemanagement:
Bei dieser Lehrveranstaltung wird das eKVV-Teilnahmemanagement genutzt.
Die Teilnahmebestätigung erfolgt per Passworteingabe.
Details zeigen / Passwort eingeben
Adresse:
WS2018_220050@ekvv.uni-bielefeld.de
Lehrende, ihre Sekretariate sowie für die Pflege der Veranstaltungsdaten zuständige Personen können über diese Adresse E-Mails an die Veranstaltungsteilnehmer*innen verschicken. WICHTIG: Sie müssen verschickte E-Mails jeweils freischalten. Warten Sie die Freischaltungs-E-Mail ab und folgen Sie den darin enthaltenen Hinweisen.
Falls die Belegnummer mehrfach im Semester verwendet wird können Sie die folgende alternative Verteileradresse nutzen, um die Teilnehmer*innen genau dieser Veranstaltung zu erreichen: VST_134279776@ekvv.uni-bielefeld.de
Reichweite:
4 Studierende direkt per E-Mail erreichbar
Hinweise:
Weitere Hinweise zu den E-Mailverteilern
Letzte Änderung Grunddaten/Lehrende:
Montag, 8. Oktober 2018 
Letzte Änderung Zeiten:
Mittwoch, 19. September 2018 
Letzte Änderung Räume:
Mittwoch, 19. September 2018 
Art(en) / SWS
S / 2
Einrichtung
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie / Abteilung Geschichtswissenschaft
Fragen oder Korrekturen?
Fragen oder Korrekturwünsche zu dieser Veranstaltung?
Planungshilfen
Terminüberschneidungen für diese Veranstaltung
Link auf diese Veranstaltung
Wenn Sie diese Veranstaltungsseite verlinken wollen, so können Sie einen der folgenden Links verwenden. Verwenden Sie nicht den Link, der Ihnen in Ihrem Webbrowser angezeigt wird!
Der folgende Link verwendet die Veranstaltungs-ID und ist immer eindeutig:
https://ekvv.uni-bielefeld.de/kvv_publ/publ/vd?id=134279776
Seite zum Handy schicken
Klicken Sie hier, um den QR Code zu zeigen
Scannen Sie den QR-Code: QR-Code vergrößern
ID
134279776
Zum Seitenanfang