220089 Der Spartakus-Aufstand: Fakten, Legenden, Rezeption (S) (SoSe 2024)

Inhalt, Kommentar

Von 73 bis 71 v.Chr. ereignete sich Unerhörtes: Rom, seit Jahrzehnten ohne äußeren Gegner, wurde in seinem Kernland Italien herausgefordert von einer Schar von Aufständischen, die in der damaligen Zeit nicht einmal als Menschen galten: Spartacus und seine zunächst noch kleine Schar von Gladiatoren vermochten in kurzer Zeit Zehntausende um sich zu scharen; sie plünderten die Landgüter der Reichen und fügten Aufgeboten unter dem Kommando von römischen Imperiumträgern Niederlagen zu, die ebenso verheerend wie demütigend waren.
Der Na¬mengeber des Aufstandes, der thrakische Gladiator Spartacus, ist zweifellos bis heute die prominenteste Figur im Kontext der antiken Sklaverei. Die Grundlagen für die Spartakus-Rezeption legte schon die an¬tike Überlieferung. Zwar galt der Aufstand der Gladiatoren und Sklaven, der wenige Jahre nach der Dictatur Sullas von Capua in Kampanien ausging und zeitweise ganz Italien erschütterte, den antiken Autoren als Anschlag auf die gesellschaftliche Ordnung und sozusagen krimineller Akt, der ganz zu Recht mit der Kreuzigung Tausender gefangener Sklaven endete. Cicero beschwor Spartacus noch dreißig Jahre später, um M. Antonius einen Räuber und Verbrecher zu nennen, einen neuen Spartacus, schlimmer als Catilina. Und der Dichter Horaz reihte ihn wenig später in eine lange Reihe von Heimsuchungen zus. mit den Germanen und Hannibal ein (epode 16). Zu¬gleich aber zollte man dem Individuum Spartacus im Banne des antiken Ideals des tapferen und tugendhaften Feldherrn durchaus Respekt. So bewunderte Plutarch den Mut des Spartacus, die weitsichtige Warnung vor Raubzügen und die Kriegskunst. Man konnte ihn in einem Atemzug mit Hannibal nennen, dem es nach der Schlacht bei Cannae ja auch gelungen war, Italien in Auf¬ruhr zu bringen.
Im Seminar werden zunächst drei Hintergründe auszuleuchten sein: 1.) die antike Sklaverei als Phänomen, besonders ihre Transformation im 2. und 1. Jahrhundert in Italien; 2.) das politische System der (späten) römischen Republik, das am Ende zwar den Aufstand relativ leicht niederzuwerfen vermochte, vorher jedoch mehrfach ‚versagte‘, auch wegen der Rivalitäten innerhalb der Aristokratie; 3.) die früheren Sklavenaufstände in Unteritalien und Sizilien. Dann wird es um den Vordergrund gehen, in Form einer detaillierten Rekonstruktion der Ereignisse. Der Vorteil bei diesem Thema liegt darin, dass die einschlägigen historischen Materialien (‚Quellen‘) überschaubar sind; so können Studenten rasch auf den gleichen Kenntnisstand kommen, wie ihn Experten haben. Dabei werden natürlich auch die Eigenarten der antiken Geschichtsschreibung zu besprechen sein.
Äußerst reichhaltig präsentiert sich die Wirkungsgeschichte des Spartakusaufstandes, besonders auf der intellektuellen und politischen Linken. Für Karl Marx war er der „famoseste Kerl, den die ganze antike Geschichte aufzuweisen hat“, ein „großer General, nobler Charakter, real representative des antiken Proletariats“ (an Engels, 27.2.1861, MEW 30, 160). Der Sklavenführer stand auch Pate für den von Karl Lieb¬knecht und Rosa Luxemburg im Jahre 1916 gegründeten, äußerst linken Spartakusbund. Der Schriftsteller Arthur Koestler publi¬zierte als politischer Exilant im Jahre 1939 den antirevolutionären Roman The Gladiators; der Regisseur Stanley Kubrick verfilmte den Spartacus-Aufstand 1959/60 mit Kirk Douglas in der Titelrolle, wobei Spartacus gegenüber der durch Crassus repräsentierten, verdorbenen römischen Elite als nobler Charakter erscheint. Später wurde Spartacus gar zu einem Helden der Schwulen¬bewegung; es gab einen Reiseführer unter diesem Namen. In die exploitation führte schließlich der TV-Mehrteiler Spartacus. Blood and Sands, der den historischen Stoff zum Anlass nahm, stahlharte Männerkörper, schwülen Sex und exzessive Gewalt zur Schau zu stellen.
Achtung: Das Seminar und die gleichnamige Historische Orientierung 220119 bilden einen vierstündigen Block und müssen beide zusammen besucht werden! Aufgrund des Aufbaus des Modulblocks wird es für Studierende, die nur eine der beiden Veranstaltungen besuchen, nahezu unmöglich sein, dem Fortschreiten im Stoff und im Kompetenzerwerb zu folgen. Auf Fragen und Probleme, die sich aus dem Versäumen von einzelnen Sitzungen oder einer ganzen Hälfte des Moduls ergeben, wird keinerlei Rücksicht genommen werden können

Teilnahmevoraussetzungen, notwendige Vorkenntnisse

Erfolgreich abgeschlossenes Grundmodul Antike. Sehr erwünscht sind fundierte Überblickskenntnisse zur Geschichte der römischen Republik.

Literaturangaben

Antonio Guarino, Spartakus. Analyse eines Mythos. München 1980; Kai Brodersen, Ich bin Spartacus. Aufstand der Sklaven gegen Rom. Darmstadt 2010; Barry Strauss, The Spartacus War. New York u.a. 2009; Aldo Schiavone, Spartacus. Cambridge (MA)/London 2013

Lehrende

Termine ( Kalendersicht )

Rhythmus Tag Uhrzeit Format / Ort Zeitraum  
wöchentlich Mo 14-16 C5-141 08.04.-19.07.2024

Fachzuordnungen

Modul Veranstaltung Leistungen  
22-3.1 Hauptmodul Vormoderne
3.1.2
Historische Orientierung Studieninformation
22-3.8 Wahlfreies Hauptmodul
3.1.2
Historische Orientierung Studieninformation

Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.


Im Seminar: Präsentation mit Quellenpapier/Tischvorlage; schriftliche Hausarbeit im Umfang von 40.000-50.000 Zeichen (= 20-25 Seiten); s. Modulhandbuch.
In der Historischen Orientierung: Zwei Studienleistungen, darunter die Erarbeitung eines wissenschaftlichen Aufsatzes mit Tischvorlage.

Lernraum (E-Learning)

Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen:

registrierte Anzahl: 20
Dies ist die Anzahl der Studierenden, die die Veranstaltung im Stundenplan gespeichert haben. In Klammern die Anzahl der über Gastaccounts angemeldeten Benutzer*innen.
eKVV Teilnahmemanagement:
Bei dieser Lehrveranstaltung wird das eKVV-Teilnahmemanagement genutzt.
Die Teilnahmebestätigung erfolgt per Passworteingabe.
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Adresse:
SS2024_220089@ekvv.uni-bielefeld.de
Lehrende, ihre Sekretariate sowie für die Pflege der Veranstaltungsdaten zuständige Personen können über diese Adresse E-Mails an die Veranstaltungsteilnehmer*innen verschicken. WICHTIG: Sie müssen verschickte E-Mails jeweils freischalten. Warten Sie die Freischaltungs-E-Mail ab und folgen Sie den darin enthaltenen Hinweisen.
Falls die Belegnummer mehrfach im Semester verwendet wird können Sie die folgende alternative Verteileradresse nutzen, um die Teilnehmer*innen genau dieser Veranstaltung zu erreichen: VST_450282187@ekvv.uni-bielefeld.de
Reichweite:
19 Studierende direkt per E-Mail erreichbar
Hinweise:
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E-Mailarchiv
Anzahl der Archiveinträge: 3
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Letzte Änderung Grunddaten/Lehrende:
Montag, 8. April 2024 
Letzte Änderung Zeiten:
Donnerstag, 1. Februar 2024 
Letzte Änderung Räume:
Donnerstag, 1. Februar 2024 
Art(en) / SWS
S / 4
Einrichtung
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie / Abteilung Geschichtswissenschaft
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ID
450282187