220121 Geschichtsmuseen im Spannungsfeld zwischen analogen Objekten, Provenienzforschung und KI. Eine Einführung in Theorie, Empirie, Praxis und aktuelle Diskurse historischer Ausstellungen (S) (WiSe 2024/2025)

Inhalt, Kommentar

Museen befinden sich aktuell in einem sehr dynamischen Wandel und stehen vor vielfältigen Herausforderungen. Die Nachhaltigkeit ihrer (historischen) (Dauer-) Ausstellungen und ihres Betriebs werden ebenso kritisch hinterfragt, wie die Provenienz oder mögliche Unrechtskontexte ihrer Sammlungen aus kolonialer, NS- oder DDR-Vergangenheit. Einige Museen vor allem in Metropolen entwickeln sich zu „Dritten Orten“, werden zu Diskussionsorten und Repräsentationsräumen für bislang marginalisierte Gruppen und Narrative. Diese Häuser wollen sich mit offenen Bereichen neuen Perspektiven, Ideen und Bedürfnissen ihrer diversen Stadtgesellschaften öffnen und laden diese zu Mitgestaltung und Partizipation ein. Museen verlassen mit Outreach-Projekten ihre traditionsreichen Häuser und versuchen, Geschichte und Kultur im vertrauten Lebensumfeld der Bürger*innen in Stadtquartieren und Institutionen partizipativ zu vermitteln. Doch welche Narrative, aber auch welche Steretypen und Klischees (re)produzieren und vermitteln Geschichtsmuseen in derartigen Projekten und historischen Ausstellungen? Wie werden derartige museale Geschichtsnarrative von einem immer diverseren Publikum rezipiert? Und welche Chancen aber auch Risiken bietet hier KI?
Museen genießen zugleich im persönlichen und institutionellen Umfeld das höchste Vertrauen nach Familie und Freund*innen und vor Wissenschaftler*innen und Medien. Sie erzielen unter allen öffentlichen Einrichtungen die höchsten Vertrauenswerte und heben sich damit deutlich ab von politischen Organisationen. Museen werden insbesondere für diejenigen Funktionen vertrauensvoll geschätzt, die ihnen der klassische Kanon zuschreibt, wie etwa die Bewahrung des kulturellen Erbes und die Ermöglichung kultureller Bildung. Etwas weniger Zustimmung bekommt die Funktion des Museums als Ort der gesellschaftlichen Debatte und des Dialogs. Die aktuellen empirischen Ergebnisse einer Studie des Instituts für Museumsforschung beschreiben damit ein weiteres Spannungsfeld, in dem sich Geschichtsmuseen heute zwischen theoretischen Diskursen und öffentlichem Anspruch bewegen.
Die Übung setzt drei Schwerpunkte: Zu Beginn stehen Theorie und Empirie musealer Geschichtsvermittlung im Blickpunkt. Ausgehend von der Frage, was unter einem Geschichtsmuseum und einer historischen Ausstellung überhaupt zu verstehen ist, folgt ein Überblick zur Genese deutscher Geschichtsmuseen und historischer Ausstellungen in Deutschland mit einem schlaglichtartigen Blick auf internationale Entwicklungen. Wie wird Geschichte in Ausstellungen erzählt und visualisiert? Wer sind überhaupt die Ausstellungsmacher*innen? Wie lassen sich didaktische, narrative und biografische Zugriffe beschreiben und analysieren? Und wie reagieren Publikum und Öffentlichkeit auf das visuelle Geschichtserlebnis in historischen Museen und Ausstellungen? Fragen auf die die Lektüre aktueller Literatur, aber ebenso der virtuelle und persönliche Besuch von Ausstellungen Antworten und Anregungen für Diskussionen liefern soll. Der zweite Schwerpunkt liegt auf aktuellen Debatten zur Ethik von Ausstellungen (und Sammlungen) wie der Präsentation menschlicher Überreste oder dem Zeigen und dem Umgang mit Objekten kolonialer Herkunft oder mit Raubkunst. Schließlich wird ein Blick auf aktuelle Diskurse und Kontroversen um moderne Vermittlungsformen wie Outreach, partizipative Ausstellungskonzepte und KI geworfen. Der dritte Schwerpunkt liegt in allen Veranstaltungen parallel zu den theoretischen, empirischen und diskursiven Inhalten auf der Vermittlung praktischer Kompetenzen für die Erarbeitung historischer Ausstellungen: von der ersten Idee, über die Recherche, die Entwicklung eines Exposés und Konzeptes, bis hin zu Szenografie, Inszenierung und Kontextualisierung von Exponaten in Texten und Medien erhalten Studierende einen praxisnahen Einblick in die Grundlagen des Projektmanagements historischer Ausstellungen und das Berufsfeld Museum. Sie gewinnen damit Erkenntnisse, wie verschiedene Fachdisziplinen (Historiker*innen, Gestalter*innen, Kurator*innen, Restaurator*innen, Museumspädagog*innen …) die Auswahl der Objekte, die szenografische Gestaltung und andere Ausstellungsfaktoren mit beeinflussen und dadurch Narrative und das künftige Geschichtsbild der Ausstellungsbesucher*innen (mit)prägen.
Die Übung ist im Modul „Geschichte und Öffentlichkeit“ studierbar. Sie findet zu Beginn und dann regelmäßig an der Universität, aber auch als Blockveranstaltung im Mindener Museum statt. Von Teilnehmenden wird daher die Bereitschaft erwartet, nach Absprache 3-4 Blocktermine in Präsenz von jeweils zwei Doppelstunden in Minden zu vereinbaren. In der Übung werden einige ausgewählte Veröffentlichungen der jüngsten Zeit vorgestellt und besprochen. Von den Studierenden werden neben einer regelmäßigen Teilnahme, die Lektüre der jeweils zu den Sitzungen vorbereiteten Textauszüge, eine Kurzpräsentation eines Textes oder eigener virtueller Ausstellungsbesuche (10-15 Min.) sowie das Verfassen einer Ausstellungskritik im Umfang von maximal 2 DIN-A4-Seiten (12.000 Zeichen, inkl. Leerzeichen) erwartet.

Literaturangaben

App zur Ausstellung "Geschichte der Dinge. Zur Herkunft von Objekten in nordrhein-westfälischen Sammlungen" (Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe) kostenlos über Google Play Store
DASA Arbeitswelt Ausstellung / Professur für Museologie der Universität Würzburg / Institut für Museumsforschung (Hg.): Besser ausstellen. Innovative Wege der Konzeption und Evaluation von Ausstellungen, Bielefeld 2024.
Philipp Koch: Macht · Museum · Forschung?! Praktiken des Forschens und Vermittelns in Geschichtsmuseen und akademischer Geschichtsschreibung im Vergleich, in: Praktiken der Geschichtsschreibung. Vergleichende Perspektiven auf Forschungs- und Vermittlungsprozesse, herausgegeben von Jürgen Büschenfeld, Marina Bödekker, Rebecca Moltmann, Bielefeld 2023, S. 135-158.
Sonja Thiel / Johannes C. Bernhardt (Eds.): AI in Museums. Reflections, Perspectives and Applications, Bielefeld 2023.
Thomas Thiemeyer: Geschichte im Museum. Theorie – Praxis – Berufsfelder, Tübingen 2018.
Markus Walz (Hrsg.): Handbuch Museum: Geschichte, Aufgaben, Perspektiven, Stuttgart 2016.

Lehrende

Termine ( Kalendersicht )

Rhythmus Tag Uhrzeit Format / Ort Zeitraum  
wöchentlich Fr 10-12   07.10.2024-31.01.2025

Fachzuordnungen

Modul Veranstaltung Leistungen  
22-2.5 Modul Geschichte und Öffentlichkeit Übung Geschichte und Öffentlichkeit Studieninformation

Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.


Keine Konkretisierungen vorhanden
Kein Lernraum vorhanden
registrierte Anzahl: 8
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Adresse:
WS2024_220121@ekvv.uni-bielefeld.de
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Falls die Belegnummer mehrfach im Semester verwendet wird können Sie die folgende alternative Verteileradresse nutzen, um die Teilnehmer*innen genau dieser Veranstaltung zu erreichen: VST_475431963@ekvv.uni-bielefeld.de
Reichweite:
8 Studierende direkt per E-Mail erreichbar
Hinweise:
Weitere Hinweise zu den E-Mailverteilern
Letzte Änderung Grunddaten/Lehrende:
Donnerstag, 30. Mai 2024 
Letzte Änderung Zeiten:
Donnerstag, 30. Mai 2024 
Letzte Änderung Räume:
Donnerstag, 30. Mai 2024 
Art(en) / SWS
S / 2
Einrichtung
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie / Abteilung Geschichtswissenschaft
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ID
475431963