Schlachten und Stellungskriege, Folter und Attentate – wenn wir uns aus soziologischer Perspektive mit Ereignissen mehr oder weniger kontrollierter Gewaltausübung beschäftigen, stoßen wir in der Regel auf Personen, die als Mitglieder formaler Organisationen oder organisierter Gruppen handeln. Beispiele sind Armeen, Sicherheits- und Geheimdienste oder terroristische Vereinigungen. Das Gleiche ist der Fall, wenn wir uns dafür interessieren, wie Gewalt in der modernen Gesellschaft kontrolliert und zwecks dieser Kontrolle nur von dazu legitimierten Instanzen ausgeübt wird. Zu denken ist dabei nicht nur an staatliche Gewaltorganisationen wie Polizeien, Milizen und die bereits genannten Armeen, sondern ebenfalls an Mafias.
Gewalt ist jederzeit eine menschliche Handlungsoption (H. Popitz). Sie tatsächlich auszuüben, ist jedoch aufgrund der mit Konfrontationssituationen verbundenen Anspannung oder sogar Angst schwierig (R. Collins). In diesem Seminar untersuchen wir Gewalt, hier in einem engen Sinn verstanden als physischen Angriff auf menschliche Körper, aus primär organisationssoziologischer Perspektive. Ausgehend vom so genannten Gewaltparadox der modernen Gesellschaft beschäftigen wir uns mit ausgewählten Erklärungsproblemen der Gewaltsoziologie, wozu u.a. die Monopolisierung von Gewalt und ihre (De-)Legitimation, die Instrumentalisierung von Gewalt und ihres Verzichts, die Überwindung oder Vermeidung von Konfrontationsanspannung/-angst-, die Verstetigung, Eskalation oder Deeskalation von Gewaltsituationen sowie die Entstehung bzw. Vermeidung exzessiver Gewalt zählen.
Didaktisch ist das Seminar als intensives Lektüreseminar angelegt, bei dem die theoretisch informierte Diskussion empirischer Fälle organisierter Gewalt im Zentrum steht. Dabei werden wir uns immer wieder mit Filmmaterialien, Fotodokumenten und Reportagen zu historischen und aktuellen Gewaltereignissen auseinandersetzen.
Wer sich - aus welchen Gründen auch immer - nicht imstande sieht, sich intensiv mit der Seminarlektüre auseinanderzusetzen und in regelmäßigen Abständen etwas für das Seminar zu schreiben, ist in dieser Veranstaltung falsch.
Notwendige Teilnahmevoraussetzungen
— Erfolgreiche Teilnahme an Einführungsveranstaltungen zur Soziologie
— Bereitschaft, sich mithilfe der im Seminarplan angegebenen Lektüre intensiv auf die einzelnen Sitzungen vorzubereiten
— Diskussionsfreude
— Aufgeschlossenheit für die Argumente anderer
Empfohlene Vorkenntnisse
— Erfolgreiche Teilnahme an Einführungsveranstaltungen zur Organisationssoziologie
— Argumentationstheoretische Grundkenntnisse
— Geschichtskenntnisse
— Regelmäßige Zeitungslektüre (oder Nutzung äquivalenter Quellen, um über aktuelles Zeitgeschehen informiert zu sein)
Lesen Sie zur Vorbereitung ruhig mal
Collins, R., 2009: The Micro-Sociology of Violence. The British Journal of Sociology 60: 566–576.
oder
Christ, M., 2014: Gewalt in der Moderne. Holocaust und Nationalsozialismus in der soziologischen Gewaltforschung. S. 332–364 in: M. Christ & M. Suderland (Hrsg.), Soziologie und Nationalsozialismus. Positionen, Debatten, Perspektiven. Berlin: Suhrkamp.
Wenn Sie merken, dass Sie die Texte uninteressant finden, ist das Seminar nichts für Sie.
Weitere Seminarlektüre wird u.a. sein:
Collins, R., 2011: Dynamik der Gewalt. Eine mikrosoziologische Theorie. Hamburg: Hamburger Edition.
Hoebel, T., 2014: Organisierte Plötzlichkeit. Eine prozesssoziologische Erklärung antisymmetrischer Gewaltsituationen. Zeitschrift für Soziologie 43: 441–457. (http://zfs-online.org/index.php/zfs/article/view/3189)
Popitz, H., 1992: Phänomene der Macht. Tübingen: Mohr Siebeck.
Kühl, S., 2014: Ganz normale Organisationen. Zur Soziologie des Holocaust. Berlin: Suhrkamp.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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30-M32 Fachmodul Organisation II (erweitert) | Problemfeldanalyse oder Vertiefungsseminar | Studienleistung
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Studieninformation |
Vertiefungsseminar | Studienleistung
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Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Sozialwissenschaften GymGe als zweites Unterrichtsfach / Master of Education | (Einschreibung bis SoSe 2014) | Fachmodul (FM) Org | 4 | (bei Einzelleistung 2 LP zusätzlich) |
Wer sich nicht imstande sieht, sich intensiv mit der Seminarlektüre auseinanderzusetzen und in regelmäßigen Abständen etwas für das Seminar zu schreiben, ist in dieser Veranstaltung falsch.
Bitte beachten Sie: Falls Sie in der ersten Sitzung nicht anwesend sind, können Sie nicht mehr am Seminar teilnehmen - es sei denn, Sie melden sich vorher mit gutem Grund ab.
Für die Bescheinigung der aktiven Teilnahme bzw. einer Studienleistung
— Regelmäßige körperliche und geistige Anwesenheit, aktive Beteiligung an der Seminardiskussion
— Lektüre der erforderlichen Literatur zu jeder Sitzung
— Memos zu mindestens fünf Texten, die für die Sitzungen vorbereitet werden müssen
Zusätzlich für eine benotete Einzelleistung
Sie verfassen eine Hausarbeit zu einer Frage, die wir im Rahmen des Seminars diskutieren bzw. die einen Seminarbezug hat. Ihre Texte sollten problemorientiert, anschaulich und argumentativ sein. Wählen Sie Ihre Frage sehr bewusst – eine gute Frage wird Sie beim Schreiben inspirieren. Ich unterstütze Sie gerne bei der Themenfindung und der Erarbeitung Ihres Texts. Sprechen Sie mich dazu ruhig an.
Ein Wort zum Umfang: Sie werden es schwer haben, etwas Substantielles in weniger als 4.000 Wörtern auszudrücken. Falls Sie demgegenüber 8.000 Wörter überschreiten, werden Sie selbst den aufgeschlossensten Leser langweilen.