Institution ist einer der großen Kategorien der Sozialwissenschaften, die ganz allgemein zunächst Formen der Einrichtung des gesellschaftlichen Lebens fasst. Als Institution werden dabei im klassischen Sinne Anstalten wie Schulen, Behörden, Gefängnisse, Psychiatrien etc. oder auch ganz alltägliche Rituale (wie z. B. das Grüßen) bezeichnet. In Institutionen sedimentieren und reproduzieren sich gesellschaftliche Strukturen – umgekehrt lässt sich an Institutionen auch Erkenntnis über gesellschaftliche Prozesse und die Einbindung der Subjekte in diese gewinnen.
Das Seminar bietet Gelegenheit einführend sozialwissenschaftliche und sozialpsychologische Konzepte der Interferenz von Institution und Subjekt kennenzulernen und an einem spezifischen Beispiel zu diskutieren: den Nationalpolitischen Bildungsanstalten (Napola) im Nationalsozialismus.
Das Seminar ist in drei Blöcke aufgeteilt.
Zunächst ist eine Auseinandersetzung mit Aspekten der Theorien der Institution von Michel Foucault und Erving Goffman angesetzt. Anhand von Foucaults Begriff der Disziplinarmacht wird dabei Thema sein, inwiefern gesellschaftlich wirksame Autorität sich historisch wandelt und welche spezifischen Merkmale Foucault nach Disziplinierungsmechanismen der heutigen Gesellschaft charakterisieren. Desweiteren wird der von Goffman geprägte Begriff der totalen Institution verhandelt werden, mit dem ein besonderer Grad der autoritären Unterwerfung der Subjekte in und durch Institutionen gefasst wird.
Hiervon ausgehend werden im zweiten Block (auf Grundlage der Studie: Das Erbe der Napola. Versuch einer Generationengeschichte des Nationalsozialismus; Schneider/Stillke/Leineweber 1996) die Napolas als konkretes historisches Beispiel einer totalen Institution Gegenstand sein – und dabei insbesondere unter psychoanalytischen Gesichtspunkten die unbewussten Prozesse autoritärer Unterwerfung und deren intergenerationelles Weiterwirken.
Im dritten Block wird im Rahmen einer Diskussion des Spielfilms NAPOLA – ELITE FÜR DEN FÜHRER (D 2004; Regie D. Gansel) die Frage nach der gegenwärtigen Perspektive auf dieserart totale Institution relevant: Inwiefern reproduziert diese ‚Verfilmung‘ einer nationalsozialistischen Bildungsinstitution bestimmte Mechanismen von deren Wirkungsweise?
In dieser Veranstaltung findet ein Platzvergabeverfahren statt. Bitte informieren Sie sich hier über den Ablauf: http://www.uni-bielefeld.de/erziehungswissenschaft/bie/faq.html
Zur Vorbereitung auf das Seminar ist von allen TeilnehmerInnen im Vorfeld zu lesen:
Adorno, Th. W. (1954): Individuum und Organisation. Gesammelte Schriften 8. Frankfurt a. M. 1972, S. 441-456.
Adorno, Th. W. (1970): Die Freudsche Theorie und die Struktur der faschistischen Propaganda. In: Psyche: Zeitschrift für Psychoanalyse und ihre Anwendungen, 24. Jahrgang, Heft 7, S. 486-509.
Erdheim, Mario (1988a): Spielregeln, Gewalt und Unbewußtheit. In: Ders.: Psychoanalyse und Unbewußtheit in der Kultur. Frankfurt/M., S. 284-296.
Foucault, M. (2013) Subjekt und Macht. In: Ders.: Analytik der Macht. Frankfurt a. M., S. 240-263.
Goffman, E. (1961): Über die Merkmale totaler Institutionen. In: Ders.: Asyle.Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen. Frankfurt a. M. 1973. Daraus: Einleitung S. 15-23.
Schneider, C.; Stillke, C.; Leineweber, B. (1996): Das Erbe der Napola. Versuch einer Generationengeschichte des Nationalsozialismus. Hamburg. Daraus: Das System S. 33-95; Hinter dem Schleier der Geschichte S. 95-132; Der geschichtsverrückte Genealoge S. 290-319; Eine transgenerationelle Motivstudie S. 321-335 (alles in der Datei mit dem Namen Das Erbe der Napola)
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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25-BE11 Abschlussmodul | E1: Seminar | Studienleistung
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Studieninformation |
25-BE8 Bildung: Theorien und Institutionen | E2: Theorien und Institutionen | Studienleistung
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Studieninformation |
25-FS-BE8 Bildung: Theorien und Institutionen | E2: Theorien und Institutionen | Studienleistung
unbenotete Prüfungsleistung |
Studieninformation |
25-UFP3 Werte und Ziele in Erziehung und Bildung | E2: Erziehungsziele und päd. Konzepte | Studienleistung
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Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Studiengang/-angebot | Gültigkeit | Variante | Untergliederung | Status | Sem. | LP | |
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Studieren ab 50 |
s. Literaturangaben
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: