»Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit… Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich… « (Art. 2 & 3 Grundgesetz)
»Was allein hier herrscht, ist Freiheit, Gleichheit, Eigentum und Bentham.« (Marx)
Es liegt in der Natur des soziologischen Denkens den großen Werten der modernen Gesellschaft mit Distanz, wenn nicht sogar Skepsis zu begegnen. Während sich auf der Vorderbühne das freie und gleiche Individuum als zivilisatorische Errungenschaft feiert, blickt die Soziologie dahinter und entdeckt Prozesse der gesellschaftlichen Differenzierung, Machtbeziehungen aller Art und nicht zuletzt Ungleichheiten aller Größenordnungen. So legt die Soziologie offen, dass das moderne Rechtssubjekt nicht das letzte Wort über die moderne Gesellschaft, die dann ‚funktional differenzierte‘ oder ‚kapitalistische‘ heißt, ist und stuft es zum Epiphänomen, zur Semantik oder gar zum ideologischen Schein herab. Doch warum gehört die Institution der Grundrechte resp. das mit einem Katalog subjektiver Rechte ausgestatte Individuum so fest zum Institutionenkomplex moderner Gesellschaften?
Das Seminar beschäftigt sich mit verschiedenen Zugriffen auf die Institution „Grundrechte“, die sich um die Vermittlung einer Analyse der Grundrechte mit einer Theorie der Gesellschaft jenseits der Zuordnung in einem Schema von Basis/Überbau oder Gesellschaftsstruktur/Semantik verdient gemacht haben. Sein Erkenntnisinteresse ist also im engen Sinn soziologisch und berührt Fragen der Historie, also der Entstehung moderner Grundrechte, ebenso wie ihrer philosophischen Rechtfertigung nur am Rande. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei der Frage gewidmet, inwiefern sich soziale Rechte als Folge, Ergänzung oder Korrektur bürgerlicher Freiheitsrechte verstehen lassen.
Die Lektüre von Texten aus zwei großen Traditionslinien sozialwissenschaftlicher Theoriebildung, der polit-ökonomischen (Marx, Polanyi) und der funktionalistisch-differenzierungstheoretischen (Parsons, Luhmann), soll zugleich den Blick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede der sachlichen Befunde wie in Theoriearchitektur und Erklärungsansprüchen ermöglichen.
Das Seminar ist als Lektüreseminar konzipiert, verlangt daher aufmerksames Studium der Literatur ebenso wie das Interesse an intensiven Diskussionen.
Luhmann, Niklas. (1965). Grundrechte als Institution. Schriften zum öffentlichen Recht ; 24. Berlin: Duncker & Humblot.
Marshall, Thomas Humphrey. (1950). Citizenship and social class. Cambridge: Univ. Press.
Marx, Karl (1843). Zur Judenfrage, in: Marx-Engels-Werke Bd. 1, S. 347 ff. Berlin: Dietz.
Polanyi, Karl. (1944). The great transformation. New York: Rinehart.
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Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
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