Format
Die Lehrveranstaltung ist als Lektürekurs konzipiert. Angesichts der hohen Anmeldezahlen wird der Schwerpunkt der Lehrveranstaltung auf der individuellen Lektüre der Seminarliteratur liegen müssen, ergänzt durch Diskussionen im digitalen Raum (asynchron im Forum des „Lernraums“, gelegentlich auch synchron per „zoom“). Falls Sie Interesse an einem Seminar mit intensiven Diskussionen in kleinen Gruppen haben, könnte es sich für Sie lohnen, das Vorlesungsverzeichnis nach Lehrveranstaltungen mit geringeren Anmeldezahlen zu durchsuchen.
Die Frage, wie häufig wir uns während des Semesters bei „zoom“ treffen werden, beraten wir in Abhängigkeit von der Zahl faktischer Teilnehmer:innen gemeinsam am ersten Veranstaltungstag, also am 15.10.2021 um 10:15 bei zoom. Den Link zur ersten Sitzung finden Sie im „Lernraum“ zu der Veranstaltung unter „Meetings“. Ebenfalls im "Lernraum" finden Sie eine vorläufige Version des Seminarplans, den Sie bitte zur Vorbereitung auf die erste Sitzung gründlich lesen. Offene Fragen klären wir dann direkt in der ersten Sitzung.
Inhalt
Im Seminar lesen, diskutieren und verfassen wir soziologische Texte, die sich mit dem Themenfeld des Gewinnens und Verbergens von schwer zugänglichen Informationen durch soziale Systeme und ihre Mitglieder beschäftigen. Schwerpunktmäßig werden wir uns dabei für Konstellationen interessieren, in denen Ego (ein Informationssammler, der oft als Mitglied eines sozialen Systems agiert) Informationen zu gewinnen versucht, die schwer zugänglich sind, weil Alter Ego (das Gegenüber des Informationssammlers) die fraglichen Informationen gezielt vor ihm zu verbergen versucht. Beispiele für Berufsrollen, deren Träger schwer zugängliche Informationen einzusammeln versuchen und die deshalb für unseren Lektürekurs interessant sind, sind Polizisten in der Beschuldigtenvernehmung (vgl. David et al 2018), Spitzel (vgl. Glaeser 2003) und Mitarbeiter (vgl. Goffman 1969) von Geheimdiensten, Mitglieder bestimmter Untergrundorganisationen (vgl. Aubert 1965), Investigativjournalisten und manchmal auch Ethnografen (vgl. Niermann 2021; Lubet 2017) im Zuge eines Feldaufenthalts.
Der konzeptionell-theoretische Ausgangspunkt unseres Lektürekurses ist Georg Simmels klassischer Text über das Geheimnis und die geheime Gesellschaft (Simmel 1908, vgl. Bergmann 1998, Hahn 2011). Geheimnisse (und das ‚Aufdecken‘ und ‚Verraten‘ von Geheimnissen) verstehen wir allerdings im Gegensatz zu Teilen der an Simmel anschließenden Literatur nicht als ‚Ausnahmeerscheinungen‘, sondern als ein sehr breites und ‚alltägliches‘ Phänomen. Immer, wenn sich ein soziales System (Paarbeziehung, Clique in Organisationen, Mafia) ausdifferenziert, entsteht auch eine Art Insiderwissen, das ‚Fremden‘ gegenüber geheim gehalten werden soll. Geheimnisse und Geheimhaltungsnormen sind also ein notwendiges Korrelat von Systembildung. Dies vorausgesetzt, lässt sich in einem zweiten Schritt nach den Gründen dafür fragen, dass sich sowohl die Interessen an, als auch die Fähigkeiten zur Bewahrung eines Geheimnisses von System(typ) zu System(typ) erheblich unterscheiden.
Literatur (Auswahl)
Aubert, V., 1965 (1982): Secrecy. The Underground as a Social System. S. 288–310 in: ders., The Hidden Society. New Brunswick u.a.: Transaction Books
Bergmann, J.R., 1998: Geheimhaltung und Verrat in der Klatschkommunikation. S. 139–148 in: A. Spitznagel (Hrsg.), Geheimnis und Geheimhaltung. Erscheinungsformen, Funktionen, Konsequenzen. Göttingen: Hogrefe Verlag für Psychologie
David, G.C., A.W. Rawls & J. Trainum, 2018: Playing the Interrogation Game. Rapport, Coercion, and Confessions in Police Interrogations. Symbolic Interaction 41: 3–24
Glaeser, A., 2003: Power/Knowledge Failure. Epistemic Practices and Ideologies of the Secret Police in Former East Germany. Social Analysis 47: 10-26
Goffman, E., 1969 (1981): Ausdrucksspiele. S. 11–74 in: E. Goffman, Strategische Interaktion. München: Hanser, insbes. Kapitel 1, 3, 5, 7 (S. 13-18; 31-45; 54-64; 70-74)
Hahn, A., 2011: Geheim. S. 323–345 in: H. Tyrell, O. Rammstedt & I. Meyer (Hrsg.), Georg Simmels große 'Soziologie'. Eine kritische Sichtung nach hundert Jahren. Bielefeld: transcript.
Lubet, Steven. 2017. Interrogating Ethnography: Why Evidence Matters. New York: Oxford University Press.
Niermann, Debora. 2021. Ethnografische Kredibilität auf dem Prüfstand: (Il)Legitimes Wissen in der ethnografischen Wissensproduktion: Der Fall Alice Goffman. In DGS-Verhandlungsband 2020.
Simmel, G., 1908 (1992): Das Geheimnis und die geheime Gesellschaft. S. 383–455 in: G. Simmel, Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Frankfurt am Main: Suhrkamp, hier: S. 383-414, insbes. ab S. 392
Formale Anforderungen: Studien- und Prüfungsleistung
Studienleistung: Ein kurzer Essay im Umfang von drei bis vier Seiten, in dem Sie die Seminarliteratur kommentieren und in Anschluss an diese Literatur eine eigenständige soziologische Fragestellung skizzieren. Abgabe der Essays nach dem ersten Drittel des Semesters am 10.11. um 12:00 Uhr als PDF-Dokument im Lernraum. Die Essays werden den anderen Teilnehmer:innen zur Lektüre zur Verfügung gestellt und anschließend im Seminar diskutiert.
Der Essay muss erkennen lassen, dass Sie die drei ersten Texte des Seminarplans gründlich bearbeitet haben und er muss formal ordentlich sein. Weitere inhaltliche Einschränkungen gibt es nicht. Sinnvoll kann sein, eine Art ‚vorläufige Einleitung‘ für eine mögliche Hausarbeit zu schreiben.
Prüfungsleistung: Wer fristgerecht ein Essay eingereicht hat, kann eine Hausarbeit schreiben (Umfang: 10-15 Seiten). Die Hausarbeit kann das Thema des Essays vertiefen und muss in einem klar erkennbaren Bezug zu der Seminarliteratur stehen. Wer eine Hausarbeit schreiben will, muss sein Schreibprojekt im Laufe des Semesters mindestens einmal im Kurs präsentieren. Dieses verpflichtende Angebot soll Ihnen dabei helfen, eine geeignete Fragestellung für Ihre Arbeit zu finden. Abgabefrist für die Hausarbeiten ist der 15.3.2022 als PDF-Dokument im Abgabeordner des Lernraums.
Rhythmus | Tag | Uhrzeit | Format / Ort | Zeitraum |
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Modul | Veranstaltung | Leistungen | |
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30-M22 Fachmodul Soziologische Theorie/ Geschichte der Soziologie I | 1. Vertiefendes Theorieseminar | Studienleistung
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Studieninformation |
2. Vertiefendes Theorieseminar | Studienleistung
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Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-M31 Fachmodul Soziologische Theorie/ Geschichte der Soziologie II (erweitert) | Vertiefendes Theorieseminar 1 | Studienleistung
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Studieninformation |
Vertiefendes Theorieseminar 2 | Studienleistung
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Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-M4_ver1 Soziologische Theorie I | Vertiefendes Theorieseminar | Studienleistung
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Studieninformation |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation | |
30-M9 Soziologische Theorie II (Vertiefung) | Vertiefungsseminar zur soziologischen Theorie I | Studienleistung
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Studieninformation |
Vertiefungsseminar zur soziologischen Theorie II | Studienleistung
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Studieninformation | |
- | benotete Prüfungsleistung | Studieninformation |
Die verbindlichen Modulbeschreibungen enthalten weitere Informationen, auch zu den "Leistungen" und ihren Anforderungen. Sind mehrere "Leistungsformen" möglich, entscheiden die jeweiligen Lehrenden darüber.
Zu dieser Veranstaltung existiert ein Lernraum im E-Learning System. Lehrende können dort Materialien zu dieser Lehrveranstaltung bereitstellen: